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Politik: Zorn auf den Westen vereint Muslime

Innenminister Schily: Terroristen und Kriminelle arbeiten immer enger zusammen / BND-Chef Hanning: Irak könnte im Chaos enden

Berlin - Trotz Erfolgen im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al Qaida ist die Bedrohung durch den Terror nicht geringer geworden. Diese Bilanz zogen Innenminister Otto Schily und August Hanning, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), am Donnerstag in Berlin bei einem BND-Symposium. In der muslimischen Welt sei „die anti-westliche Stimmung weiter gewachsen“, sagte Hanning.

Die Botschaft des Anführers von Al Qaida, Osama bin Laden, wonach es um einen Kampf der Kreuzritter gegen Muslime gehe, ist nach der Auffassung des BND-Chefs in der muslimischen Welt „unverändert attraktiv“. Die Bilder aus dem Irak und von der israelischen Offensive in Gaza würden „weltweit in den Wohnzimmern miterlebt“ und von Muslimen „nicht als Verteidigung gegen Terroristen, sondern als Angriffe auf Muslime wahrgenommen“. Ihre Glaubensgemeinschaft sei „noch nie so vereint“ gewesen.

Der Irak stehe „am Scheideweg: Stabilisierung oder Chaos?“. Hanning forderte die Kriegsgegner auf, sich zum „gemeinsamen Interesse an einer Stabilisierung“ zu bekennen. „Die Schockwellen eines zerfallenden Irak wären weit über die Landesgrenzen hinaus spürbar.“

Auch Schily betonte die Erfolge im Kampf gegen den Terror: die Verhaftung vieler Al-Qaida-Führer, die „Vereitelung zahlreicher Anschläge, die natürlich weniger Schlagzeilen macht als ein gelungenes Attentat“, und der vertiefte Informationsaustausch vor allem mit Amerika. Beunruhigend sei aber die wachsende Vermischung von Terror und organisierter Kriminalität bei Entführungen, Rauschgifthandel, Geldwäsche, Dokumentenfälschung, Menschen- und Waffenschmuggel. Der Kampf gegen den Terror sei nur mit einer „Mischung aus militärischen und polizeilichen Maßnahmen zu gewinnen“, Frühaufklärung und Prävention seien entscheidend. Man müsse „den Verfolgungsdruck weiter steigern, es darf keine Rückzugsgebiete für Terroristen geben, weltweit“. Es sei bisher „nicht gelungen, die Köpfe und Herzen der Muslime zu gewinnen“. Die Folterbilder aus dem Gefängnis Abu Ghraib in Bagdad „werden noch lange nachwirken“.

Die Gastredner auf dem BND-Symposium, Prinz Hassan bin Talal aus Jordanien und Prinz Turki al Faisal aus Saudi Arabien, nannten es „falsch und missverständlich“, von „islamischem Terror“ zu reden. Hassan bin Talal sprach aber auch die fehlende Modernisierung der arabischen Welt an. Er kritisierte die schlechte Bildungspolitik, ein „Versagen bei der Beteiligung der Bürger“ und die hohen Rüstungsausgaben zu Lasten medizinischer Versorgung „von Marrakesch bis Bangladesh“. Die arabischen Länder produzierten zusammen nur halb so viele Bücher wie Finnland.

Schily äußerte Zweifel, ob der Begriff „Krieg“ im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen den Terror angemessen sei. Es handele sich vielmehr um einen „Kampf ohne Fronten, ohne Regeln, gegen einen unsichtbaren Gegner“.

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