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Brandenburg: „Als hätte eine Bombe eingeschlagen“ Haus-Explosion in Borkheide vor Gericht

Borkheide – Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, um sein neu gebautes Einfamilienhaus in die Luft zu sprengen? Harry K.

Borkheide – Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, um sein neu gebautes Einfamilienhaus in die Luft zu sprengen? Harry K. (49) hüllte sich zum gestrigen Prozessauftakt vor dem Landgericht in Schweigen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem grauhaarigen, deutlich älter wirkenden, Mann vor, zur Mittagszeit des 4. April 2005 mit einer Rohrzange den Gaszähler seines Eigenheims abgebaut zu haben, so dass Gas ausströmen konnte. Das entstandene Gas-Luft-Gemisch soll der gelernte Gas-Wasserinstallateur dann mittels einer Mikrowelle, die mit einer Zeitschaltuhr versehen war, entzündet haben. Die Explosion machte das Häuschen dem Erdboden gleich. Zwölf benachbarte Gebäude wurden beschädigt, eins davon so schwer, dass die darin wohnende Rentnerin ausziehen musste. Harry K. überlebte wie durch ein Wunder, erlitt allerdings schwere Brandverletzungen. Noch heute trägt er Handschuhe, die seine Narben verbergen. Auslöser der Tat soll laut Anklage eine Anpassungsstörung sein, an der der Arbeitslose nach der Trennung von seiner langjährigen Lebensgefährtin gelitten habe. Im Zusammenwirken mit einer möglichen Drogenintoxikation sei eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion Beschuldigten nicht auszuschließen.

Petra V. (48) – Ex-Lebensgefährtin von Harry K. – wurde am späten Nachmittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen, da während ihrer Aussage sehr persönliche Details zur Sprache kommen könnten. Zuvor wurden mehrere Nachbarn des Angeklagten in den Zeugenstand gerufen. So berichtete Andreas M. (40), er habe gerade sein Auto in den Carport gefahren, als das schräg gegenüber stehende Haus in die Luft flog. „Ich rannte hin und sah, wie Herr K. aus den Trümmern kroch. Er trug nur Unterwäsche. Seine Haare waren verbrannt, die Haut löste sich von den Händen. Er war völlig verstört.“ Edith S. (67) war offensichtlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ihr Grundstück grenzt unmittelbar an das des Angeklagten. Kurz vor dem ohrenbetäubenden Knall arbeitete die Seniorin im Garten, ging nur mal kurz ins Haus. Wäre sie im Freien geblieben, wäre sie vermutlich von umherfliegenden Trümmern getroffen worden. „Die Wände meines Hauses stehen zwar noch, aber sie haben Risse. Alle Fensterscheiben gingen kaputt, das Dach wurde durchlöchert. Ich musste ausziehen.“ Als Harry K. seine Arbeit verlor, habe sie das Paar manchmal streiten gehört, berichtete die Zeugin. „Es ging um offene Rechnungen vom Bauen.“

Der Angeklagte sei immer freundlich und ruhig gewesen, erzählte ein weiterer Nachbar. Einige Tage vor der Explosion habe er ihm mitgeteilt, er gehe weg, weil er sich von seiner Partnerin getrennt habe, „Er sagte, wenn die Jalousien am Haus unten sind, bin ich fort.“ Ein Polizeibeamter resümierte: „Es war nur noch die Bodenplatte zu sehen, auf der das Haus einmal stand. Man hätte glauben können, eine Bombe habe eingeschlagen. Da stand kein Stein mehr auf dem anderen.“

Die Verhandlung wird am 25. Januar fortgesetzt. Gabriele Hohenstein

Gabriele Hohenstein

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