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Der Andrang wird geringer: Immer weniger Brandenburger müssen zu den Arbeitsagenturen (hier in Bernau).

© Michael Urban/ddp

Von Juliane Wedemeyer: Altern gegen die Krise

Seit der Wiedervereinigung waren nie so wenige Märker erwerbslos wie jetzt

Potsdam/Berlin - Im Land Brandenburg ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt so entspannt wie nie: Derzeit sind zwischen Uckermark und Lausitz so wenig Menschen arbeitslos, wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr: 157 575 – laut Arbeitsagentur der niedrigste Stand in einem Oktober seit 1990. Bundesweit sank die Zahl der Erwerbslosen erstmals seit 16 Jahren unter die Drei-Millionen-Marke: um 84 000 auf 2,99 Millionen. In der Gesamtregion Berlin-Brandenburg ging die Zahl der Menschen ohne Job um fast 11 000 auf gut 377 000 zurück. In Brandenburg sank die Erwerbslosenquote gegenüber dem Vormonat um 0,4 Punkte auf 11,7 Prozent.

Zwar dürfte bundesweit angesichts der nahenden Rezession die Entspannung nur von kurzer Dauer sein, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag warnte. Im Dezember werde die Drei-Millionen-Grenze bundesweit voraussichtlich wieder übertroffen, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise. So erwartet die Behörde für 2009 durchschnittlich 30 000 Arbeitslose mehr als in diesem Jahr.

Doch das Land Brandenburg insgesamt dürfte es nicht so hart treffen. Das liegt auch an der Tatsache, das Brandenburg überaltert und in den kommenden Jahren überproportional viele Arbeitnehmer das Rentenalter erreichen, wie die Chefin der Landesagentur für Arbeit, Margit Haupt-Koopmann, am Donnerstag in Potsdam sagte. Selbst bei einem „Wirtschaftswachstum“ von null Prozent werde die Zahl der Arbeitslosen in Brandenburg insgesamt voraussichtlich nicht steigen – ausgenommen sei der Raum Potsdam und einige andere Speckgürtel-Regionen, in denen der Zuzug zunimmt und aufgrund der Krise die Zahl der Arbeitsplätze zunimmt.

Sollte die Wirtschaft, wie von der Bundesregierung erwartet, um ein Prozent wachsen, werde die Zahl der Arbeitslosen laut Agentur-Prognose brandenburgweit gar weiter um 5000 sinken.

Bereits im nächsten Jahr werde der brandenburgische Arbeitsmarkt von der negativen demographischen Entwicklung profitieren, sagte Haupt-Koopmann. Die Alterstruktur vieler brandenburgischer Betriebe sei so, dass viele Mitarbeiter vor der Rente stünden. Von den bundesweit 130 000 Menschen, die nächstes Jahr aus der Statistik der Arbeitsagentur verschwänden, weil sie das Pensionsalter erreichten, lebten 120 000 im Osten der Republik, sagte Haupt-Koopmann. Laut der Bevölkerungsprognose des Landes Brandenburg werden spätesten im Jahr 2015 etwa 23 Prozent aller Brandenburger Senioren sein. Zudem verlassen noch immer viele Märker das Land, vor allem junge Frauen. Die Folge: Es sterben mehr Menschen als geboren werden.  Bis zum Jahr 2030 wird die Einwohnerzahl von derzeit rund 2,5 Millionen auf rund 2,2 Millionen gesunken sein.

Die Kehrseite der Entspannung auf dem Arbeitslosenmarkt: Für die Unternehmen verschärft sich der Fachkräftemangel. Schon im Jahr 2010/12 werde es laut Haupt-Koopmann wegen des Geburtenknicks nach der Wende zu wenig Schulabgänger geben, um die Rentner-Lücke in den Betrieben zu füllen. Sie rät darum den Unternehmen, auch in eventuellen Krisenzeiten, Fachkräfte nicht zu entlassen. Sie forderte die Betriebe auf, ihre Mitarbeiter im Notfall in die Kurzarbeit zu schicken. Der Vorteil: Sie müssen ihre Angestellten nicht entlassen, denn der Staat zahlt ihnen 60 Prozent ihres Nettolohns. Zwar haben auch in Brandenburg einige Betriebe, etwa Autozulieferer und Stahlwerke, wie berichtet ihre Ferienzeiten vorverlegt, um auf die Marktlage zu reagieren. Kurzarbeit sei für die meisten bisher aber noch kein Thema. Weniger als zehn Unternehmen hätten diese bei der Arbeitsagentur angefragt – hauptsächlich Betriebe der Metall- und Elektro-Branche, sagte Haupt-Koopmann. Derzeit seien lediglich 1200 brandenburgische Beschäftigte in Kurzarbeit, ungefähr genauso viel wie im vergangenen Jahr. Noch scheine sich die Finanzkrise nicht auf den märkischen Arbeitsmarkt auszuwirken, sagte Haupt-Koopmann.

Juliane Wedemeyer

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