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Wirtschaftskrimi: Axel Hilpert muss ins Gefängnis

Er war einst Gastgeber der Großen. Im Resort Schwielowsee. Bis der Betrug aufflog.

Petzow - Es war eines der spektakulärsten Strafverfahren in Brandenburg, ein Wirtschaftskrimi: Und jetzt muss Axel Hilpert, 70 Jahre alt, tatsächlich ins Gefängnis, wegen Millionen-Betruges beim Resort Schwielowsee in Petzow. „Der Verurteilte ist zum Strafantritt geladen“, sagte Sarah Kress-Beuting, die Sprecherin der Potsdamer Staatsanwaltschaft, auf Anfrage. Einzelheiten nannte sie nicht. In dieser Woche werde er seine Haftstrafe antreten, bestätigte der frühere Schwielowsee-Hotelier den PNN: „Ich bejammere mich nicht. Da muss ich durch. Ich habe versucht, alle rechtsstaatlichen Mittel zu nutzen. Aber nun ist es, wie es ist.“ Über den genauen Termin und auch welche Justizvollzugsanstalt es ist, wo die Zelle für Hilpert reserviert ist, halten sich beide Seiten bedeckt. Üblich wäre die Haftanstalt in Brandenburg an der Havel.

Investitionsbank um 2,6 Millionen Euro betrogen

Es hat noch ein paar Monate gedauert, bis die Mühlen der Justiz, deren Post- und Amtswege so weit waren, dass das rechtskräftige Urteil durchgesetzt wird. Im April 2018 hatte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe die Revision Hilperts gegen das Urteil des Landgerichtes Frankfurt (Oder) als unbegründet zurückgewiesen. Das Landgericht hatte Hilpert 2017 zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Weil er die Investitionsbank Brandenburg (ILB) beim Bau der 2005 eingeweihten luxuriösen Vier-Sterne-Hotelanlage im Florida-Stil um 2,6 Millionen Euro betrogen hat, als er durch überhöhte Abrechnungen 9,2 Millionen Euro Fördermittel kassierte. Wie zuvor schon das Potsdamer Landgericht, wo er 2012 zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden war, sahen auch die Frankfurter Richter eine „kriminelle Energie“ bei Hilpert. Das Potsdamer Urteil war vom BGH aufgehoben worden. Diesmal jedoch scheiterte Hilpert mit der Revision.

Und trotzdem ist das nur die eine Seite. Ehe Hilpert so tief fiel, war er ein gefragter Mann, immer umstritten, aber auch hofiert und protegiert von Brandenburgs Regierenden. Er pflegte enge Kontakte bis in die Spitze der damaligen SPD-CDU-Regierung unter Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Ohne die Fördermillionen des Landes gäbe es das Resort nicht. Politiker aller Couleur gingen hier ein und aus, im Resort wurde das rot-rote Bündnis besiegelt. Und sein Geschäftspartner, der exzellent vernetzte frühere „Bild“-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje besorgte Bundesprominenz. Helmut Kohl war da, Friedrich Merz redete zur Eröffnung. Am Schwielowsee tagten die Finanzminister der G8-Staaten, im Resort wurde der damalige SPD-Chef Kurt Beck gestürzt.

Es reichte nie

Und Hilpert, der schon zu DDR-Zeiten für das Koko-Imperium von SED-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski – auch persönlich – einträgliche Ost-West-Geschäfte machte und inoffizieller Mitarbeiter der Stasi war, hatte das 45-Millionen–Resort ohne Eigenkapital ans Ufer des Schwielowsees geklotzt: Er besorgte Millionendarlehen und Millionen-Fördermittel, bewilligt von der Deutschen Kreditbank (DKB), der Nachfolgerin der früheren DDR-Staatsbank, und von der Brandenburger ILB. Er selbst verdiente dabei Millionen, wie in den Prozessen herauskam: acht Millionen hier, weitere 1,6 Millionen da über sein „Rückvergütungssystem“. Quasi jeder, der einen Auftrag bekam, hatte noch eine Provision an den Privatmann Hilpert zu zahlen. Zum Verhängnis wurde ihm, dass es ihm nicht reichte, er die ILB laut dem Frankfurter Urteil um 2,6 Millionen Euro Fördermittel betrog.

Und trotzdem hat das schwarz-weiße Bild, wonach Brandenburgs Förderbank von einem raffinierten Bösewicht betrogen wurde, immer größere Risse bekommen. In den Prozessen, aber auch durch Enthüllungen danach. Hilpert selbst hatte, anfangs über seine Anwälte, zuletzt auch persönlich, stets erklärt, dass die Firmenkonstruktion für das Resort von Anfang an mit der ILB abgesprochen und abgestimmt gewesen war. Eine damalige ILB-Referatsleiterin und Kronzeugin der Staatsanwaltschaft hatte sich vor dem Landgericht in Widersprüche verstrickt. Gegen sie sind 2017 auch Korruptionsvorwürfe publik geworden.

Trotz Krankheit erneut hinter Gitter

Hilpert half das nicht. Auch nicht, dass er sich stets die besten Anwälte nahm. Zuletzt waren es Gerhard Strate, der in Bayern das Justizopfer Gustav Möstl aus der Psychiatrie kämpfte, und Matthias Schöneburg, einer der profiliertesten Strafverteidiger der Hauptstadtregion. Sie konnten ihn nicht davor bewahren, dass er nach eineinhalb Jahren Untersuchungshaft – die ihm angerechnet werden – trotz Krankheit nun noch einmal hinter Gittern muss. Er selbst sah das Resort, das trotz der Negativ-Schlagzeilen gut ausgelastet war und nach der Insolvenz jetzt israelische Besitzer hat, immer als sein Lebenswerk.

Und bislang galt er als einer, der nicht aufgibt. Doch nun findet er sich damit ab, dass er den Kampf verloren hat, fügt sich seinem Schicksal, stellt sich innerlich auf die Haft ein. „Die Leute, die das zu entscheiden hatten, haben entschieden. Ich habe alles getan, was möglich ist“, sagt Hilpert. „Ich vergeude keine Energie mehr. Ich habe keine Lust, keine Kraft und kein Geld mehr.“ Vor ein paar Wochen wurde er als Privatmann vom Berliner Kammergericht zur Zahlung von drei Millionen Euro an die ILB verurteilt. Aber eines hat er sich noch vorgenommen: „Ich werde irgendwann ein Buch schreiben.“ Es dürfte in Brandenburg einige geben, denen das nicht behagt.

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