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Brandenburg: „Bagger statt Spaten“

Klaus Freytag, Präsident des Landesbergamtes, über die Deponieskandale und die Suche nach dem Müll

Herr Freytag, Ihre Behörde ist für die Kontrolle der Kies- und Müllgruben in Brandenburg zuständig. Täuscht der Eindruck, dass Teile Brandenburgs faktisch illegale Mülldeponien sind?

Ja, der Eindruck täuscht. Wir haben zwar ein enormes Ausmaß an illlegalen Lagerungen zu verzeichnen – aber so weit wie Sie würde ich nicht gehen. Unsere Taskforce, die wir 2007 nach den ersten großen Funden eingerichtet haben und die alle Anlagen im Land untersucht, hat bisher 15 Deponien in Teltow-Fläming, Potsdam-Mittelmark und in Oberhavel gefunden, auf denen illegale Abfälle vergraben wurden. Flächendeckend ist das nicht, es betrifft auch eine überschaubare Zahl von Unternehmen.

Trotzdem: Die Kontrollen können doch so scharf nicht gewesen sein in den Jahren vor 2006, wenn so großflächig Müll unbemerkt vergraben werden konnte?

Wir kontrollieren heute anders, das stimmt. Wir in Brandenburg haben aus den ersten Müllskandalen 2006 und 2007 Lehren gezogen. Wir haben eine ganz andere Kontrollqualität.

Das heißt?

Früher sind unsere Mitarbeiter auf den Mülldeponien mit dem Spaten erschienen und haben gegraben und gesucht. Heute kommen wir mit einem großen Hydraulikbagger mit Tiefenschaufel und graben in sechs bis acht Metern Tiefe nach dem geschredderten Müll. In der Regel liegt der mindestens in diesen Tiefen.

Ihre Behörde tingelt mit einem eigenen Bagger und einem Tieflader von Kiesgrube zu Kiesgrube durch Brandenburg?

Nein, einen eigenen Bagger haben wir nicht, aber wir mieten uns bei den Verleihstationen einen Tieflader, einen großen Hydraulikbagger und einen Baggerfahrer und dann fahren wir bei einem Verdachtsfall mit dem Landeskriminalamt, der Staatsanwaltschaft und den Umweltbehörden auf den Deponien vor. Die Kollegen in anderen Bundesländern sind da schon ein wenig neidisch. Und: Wir machen das ja nicht allein – es hat sich ein hervorragendes Zusammenspiel von Ermittlungs-, Umwelt- und Bergbaubehörden entwickelt in Brandenburg.

Ihre Behörde muss die Deponien und Kiesgruben überwachen – aber der Mülltransport an sich ist in Deutschland und der europäischen Union fast komplett unkontrolliert: Wenn jetzt in Hessen ein Lkw voll Müll losfährt, weiß niemand, wo der Müll landet. Fährt irgendwo in Brandenburg ein Lkw vor, weiß meist auch niemand genau, wo der Müll darauf herkommt.

Das ist leider so. Früher hatten wir zumindest die Begleitscheine für Mülltransporte – das ist aber im Rahmen des Bürokratieabbaus und auf Druck der Industrie abgeschafft, die Kontrollen insgesamt stark gelockert worden. Einzig bei den Sondermülltransporten und bei gefährlichen Stoffen wissen die Behörden noch genau Bescheid.

Müssten die Behörden wieder in die Lage versetzt werden, sich ein Bild über den Mülltransport im Land und in Europa zu machen?

Es bringt nichts, wieder nach mehr Staat zu rufen. Wir in Brandenburg müssen die Qualität und Intensität der Kontrollen aufrechterhalten – auch personell. Momentan haben wir die Rückendeckung der Politik. Das darf sich nicht ändern.

Es fragte: Peter Tiede

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