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Warum Brandenburg keine Hilfspolizisten haben will: Billiger Ersatz für die Staatsgewalt

Potsdam - Ohne Frage: Die Situation in Brandenburgs Polizei ist angespannt. Für viele Beamte und auch das Innenministerium ist sie längst schon überspannt.

Potsdam - Ohne Frage: Die Situation in Brandenburgs Polizei ist angespannt. Für viele Beamte und auch das Innenministerium ist sie längst schon überspannt. Selbst von den derzeit 8100 Stellen sind nicht alle besetzt, aktuell sind es 8050. Unermüdlich fordert Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) eine Mindeststärke von 8300 Beamten, das war das Ergebnis der Evaluation der Polizeireform. Die zugespitzte Lage angesichts der Flüchtlingskrise mit einer wachsenden Zahl von Demonstrationen und Attacken auf Asylunterkünften war da noch gar nicht in die Bilanz eingeflossen. Doch die Staatskanzlei und das Finanzressort bremsen wegen der Personalkosten.

In dieser Situation fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) nun, 200 Wach- und Hilfspolizisten in Brandenburg, um die Personalknappheit auszugleichen. „Wir brauchen jetzt Entlastung“, erklärte der Vize-DPolG-Landeschef Lutz Thierfelder am Montag. Wach- und Hilfspolizisten könnten wie in anderen Bundesländern binnen drei bis sechs Monaten ausgebildet werden. „Sie könnten spezielle Funktionen übernehmen, wie die Absicherung von Tatorten oder schweren Verkehrsunfällen oder bei der Unterstützung von Durchsuchungsmaßnahmen oder Personen- und Objektschutzmaßnahmen im Land aushelfen“, sagteThierfelder. „Es geht uns lediglich um die Wiedereinführung des einfachen Polizeidienstes“, sagte er. In der Brandenburger Justiz gebe es den einfachen Dienst schließlich auch.

Tatsächlich ist eine Hilfspolizei bundesweit durchaus üblich. Sachsen und Sachsen-Anhalt, wo ähnlich wie in Brandenburg über Jahre am Personal gespart wurde, führen Hilfspolizisten wieder ein. In Sachsen dürfen die Bewerber höchstens 32 Jahre alt, nicht vorbestraft sein und keine sichtbaren Tätowierungen tragen. Das Nettoeinkommen liegt bei 1450 Euro. Ihre Aufgabe ist etwa die Bewachung festgesetzter „Störer“ bei Demonstrationen und die „Verhinderung und Abwehr von Angriffen auf gefährdete Objekte“, wie es auf Informationsseiten der Polizei in Sachsen heißt. Dazu zählen explizit auch Asyl-Unterkünfte, die in Sachsen am häufigsten angegriffen werden. In Berlin gibt es angestellte, nicht verbeamtete Polizisten; als „Zentraler Objektschutz“ bewachen sie Botschaften und jüdische Einrichtungen. Auch in Bayern, Hessen und Hamburg gibt es Hilfspolizisten. Saarland hat entsprechende Pläne, Niedersachsen auch, allerdings sollen dort die billigeren Beamten nur Schwertransporte begleiten und bewachen. Das rot-grüne regierte Baden-Württemberg will den mit Pistolen bewaffneten „Freiwilligen Polizeidienst“ sogar wieder abschaffen, weil die Anforderungen an Polizisten steigen.

Die Befugnisse und auch die Bewaffnung von Hilfspolizisten ist in den Ländern höchst unterschiedlich. In Sachsen sollen die neuen Billig-Beamten sogar Schusswaffen tragen dürfen, wobei nach drei Monaten Ausbildung die Befähigung zur Waffenkunde oder Deeskalation im Vergleich zu Beamten mit mindestens zweieinhalbjähriger Ausbildung begrenzt sein dürfte. DPolG-Landesvize Thierfelder findet, dass in Brandenburg für Wach- und Hilfspolizisten Pfefferspray ausreicht.

Das Innenministerium in Potsdam aber hält nichts von den Vorschlägen. Schröter selbst lehnt Hilfspolizisten aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Schließlich sind Polizisten auf das Grundgesetz vereidigte Vertreter der Staatsgewalt, die legal Gewalt anwenden dürfen – und dazu umfassend ausgebildet werden müssen. Nicht auszudenken, wenn ein Hilfspolizist außer Kontrolle gerät.

Ein Ministeriumssprecher sagte am Montag: „Mit der Ausbildung und Einstellung von Feldjägern hat Brandenburg bereits auf die gestiegenen Anforderungen an die Polizei reagiert. Hier konnte auf eine für den Polizeivollzugsdienst förderliche Ausbildung zugegriffen werden. Das Ziel muss es weiterhin sein, qualitativ gut ausgebildete Polizeikräfte zu haben.“

Auch die größte Konkurrenzgewerkschaft, die GdP, hält nichts von Hilfspolizisten. „Die Polizei ist sei lange Zeit kaputt gespart worden. Das ist klar Versäumnis der Politik. Eine Wachpolizei aufzubauen, ist aber vollkommen der falsche Weg“, sagte Landeschef Andreas Schuster. (mit dpa)

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