zum Hauptinhalt

Brandenburg: Blüten aus der Gärtnerei: Geldfälscher vor Gericht

Angeklagter behauptet, genötigt worden zu sein

Angeklagter behauptet, genötigt worden zu sein Potsdam - „Haben Sie wirklich studiert und promoviert? Wieso ist Ihrer Regierung nichts von Ihren wissenschaftlichen Veröffentlichungen bekannt?“, fragte Oberstaatsanwalt Peter Steiniger. Vladislav L. (33) schwor vor dem Potsdamer Landgericht, vor dem er sich gestern wegen Geldfälschung in großem Stil verantworten musste, Stein und Bein, in Minsk einen Diplomabschluss als Radiotechniker erworben, danach in einem Institut für Physik und Feststoffe gearbeitet zu haben. Seine wissenschaftlichen Arbeiten ständen in der Bibliothek der Akademie der Wissenschaften Weißrusslands. „Wieso hatten Sie als Agent des Geheimdienstes KGB eine eigene Firma?“, bohrte der Vertreter der Anklage weiter. Diese Druckerei mit dem Namen „Normex“ sei im Jahr 2000 vom KGB gegründet worden, so Vladislav L. Von ihm habe er auch die Ausrüstung und das nötige Know-how zur Geldherstellung bekommen. Später sei er vom Geheimdienst als Undercover-Mann nach Berlin geschickt worden, um sich in einen libanesischen Clan aus Neukölln einzuschmuggeln, der die Idee hatte, Falschgeld in großen Dimensionen herzustellen. Dafür sei im März 2003 eine Garage am Lichtenrader Damm gemietet worden. In dieser – so Vladislav L. – sei er von einem gewissen Hassan Y. und seinen Komplizen, die Druck-, Belichtungs- und Schneidemaschine, einen Computer, Chemikalien und Papier besorgten, drei Monate lang gefangen gehalten und bedroht worden. „Ich musste die Vorlagen für falsche 100-Dollar-Noten erstellen, aber ich habe absichtlich schlechte Qualität geliefert“, beteuerte der Angeklagte gestern. Deshalb habe er die Blüten verbrannt. Hassan Y. habe in seiner Geldgier jedoch einige „gerettet“. Mit mindestens 19 Scheinen wurde der Halbbruder von Vladislav L. im Juni 2004 am Grenzübergang Frankfurt/Oder erwischt. Um mehr Platz zu haben, sei die Geldfälscherwerkstatt im Mai 2004 nach Caputh verlegt worden. Hier im Schmerberger Weg 7 – in den Räumen einer ehemaligen Gärtnerei - sollten Euro-Blüten fabriziert werden. Nach langem Hin und Her hätten sich „die Araber“ schließlich darauf geeinigt, 50-Euro-Scheine herzustellen, die in Italien abgesetzt werden sollten. Technisch wäre das kein Problem gewesen, die Ausstattung der Werkstatt und seine Kenntnisse hätten ausgereicht, perfekte Falsifikate herzustellen. „Aber ich habe das absichtlich verzögert.“ So habe er nur Vorderseiten für falsche Scheine gedruckt. „Es wäre kein Problem gewesen, die Rückseite auch zu bedrucken.“ Zu dieser Zeit habe er sich bereits mit dem Gedanken getragen, „beim KGB auszusteigen“, betonte Vladislav L. Und er wollte der Geldfälscherbande den Rücken kehren. Deshalb habe er mehrere E-Mails an die Polizei geschickt, sie von den Machenschaften in Caputh unterrichtet. Doch die Beamten hätten erst auf die letzte reagiert, in der er auf den illegalen Cannabisanbau hingewiesen habe. Als die Polizei die Werkstatt am 16. Dezember 2004 aushob, fand sie nur 24 einseitig bedruckte DIN-A4-Bögen mit falschen Fünfzigern. Das vorhandene Material hätte allerdings ausgereicht, „Blüten“ im Wert von einer Million herzustellen, so die Ermittler, die sich von der Qualität des Falschgeldes überrascht zeigten. Vladislav L. führte die Beamten auch auf die Spur der Hintermänner, denen demnächst ebenfalls der Prozess gemacht wird. Zum gestrigen Prozessbeginn (nächster Verhandlungstag ist der 31. August) einigten sich Staatsanwalt, Verteidiger und Gericht auf einen Deal: Sagt Vladislav L. umfassend aus und erspart dem Gericht so eine lange Beweisaufnahme, kommt er mit einer Strafe unter drei Jahren davon. Doch schon nach wenigen Minuten erregte der Angeklagte den Zorn des Anklägers, der ihn auf Diskrepanzen zwischen seinen bei der Polizei gemachten Angaben und dem während der Verhandlung Gesagten hinwies. „Sie hätte nachweislich die Möglichkeit gehabt, die Berliner Garage zu verlassen. Sie waren weder eingeschlossen noch wurden Sie bedroht. Das haben zwei gesondert Verfolgte unabhängig voneinander ausgesagt. Ihnen stand sogar ein Internet-Anschluss zur Verfügung. Und wieso haben Sie gegenüber dem psychiatrischen Gutachter behauptet, Sie seien schizophren?“ „Ich war nie psychisch krank. Das habe ich nur erzählt, um schneller wieder aus dem Krankenhaus rauszukommen“, erklärte der Angeklagte, der seit seiner Verhaftung vom Landeskriminalamt geschützt wird.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false