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Brandenburg: BUND will notfalls Laborkosten zahlen Pestizid-Skandal: Land soll weitere Proben nehmen

Boitzenburger Land - Nach der festgestellten Pestizid-Belastung eines Tümpels auf einem Maisacker bei Stabeshöhe (Uckermark) fordern Anwohner und Naturschützer das Land auf, weitere Proben auch an anderen Stellen mit ausgedehnten Maisfeldern im Landkreis zu nehmen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Brandenburg (BUND) und mehrere Bürgerinitiativen werfen den Landwirten vor, aus Gewinnsucht beim Anbau von Energiemais bewusst große Mengen von Pflanzenschutzmitteln einzusetzen, so „gute fachliche Praxis“ zu missachten und die Natur zu zerstören.

Von Matthias Matern

Boitzenburger Land - Nach der festgestellten Pestizid-Belastung eines Tümpels auf einem Maisacker bei Stabeshöhe (Uckermark) fordern Anwohner und Naturschützer das Land auf, weitere Proben auch an anderen Stellen mit ausgedehnten Maisfeldern im Landkreis zu nehmen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Brandenburg (BUND) und mehrere Bürgerinitiativen werfen den Landwirten vor, aus Gewinnsucht beim Anbau von Energiemais bewusst große Mengen von Pflanzenschutzmitteln einzusetzen, so „gute fachliche Praxis“ zu missachten und die Natur zu zerstören. „Sollte das Land nicht von alleine weitere Proben nehmen und analysieren lassen, springen wir ein und zahlen die Laborkosten für privat gesammelte Proben“, kündigte der BUND-Vorsitzende der Kreisgruppe Uckermark, Thomas Volpers, am Montag an.

Die Verunreinigung des Tümpels bei Stabeshöhe in der Gemeinde Boitzenburger Land hatte ein zugezogenes Berliner Paar im Sommer 2011 wie berichtet auf eigene Kosten aufgedeckt. Alarmiert durch einen angeblichen Rückgang von Insekten und seltenen Wildblumen im Umfeld der dortigen Maispflanzungen hatten die beiden eine Wasserprobe aus einem Tümpel nahe ihres Hauses entnommen und untersuchen lassen. Um das bis zu 120-Fache wurden Grenzwerte überschritten. Auch Spuren verbotener Pflanzenschutzmittel wurden festgestellt. So etwa wiesen die Experten den Wirkstoff Simazin nach, der seit elf Jahren in Deutschland verboten ist. Der Stoff wurde früher häufig beim Anbau von Mais verwendet, ist aber für Fische tödlich und führt bei Ratten und Mäusen zu Tumoren.

Bestätigt worden waren die Ergebnisse später auch vom brandenburgischen Landesamt für ländliche Entwicklung und Flurneuordnung (LELF) in Frankfurt (Oder). Einen Verstoß gegen Anwendungsvorschriften für die verwendeten Pestizide jedoch hatte das Landesamt der für die Fläche verantwortlichen Agrarservice Jakobshagen GbR nicht nachweisen können. Das Simazin sei vermutlich auf Spuren in zugelassenen Mitteln zurückzuführen, hieß es weiter. Dennoch wurden dem Betrieb zusätzliche Auflagen gemacht. Unter anderem sollte der schützende Grünstreifen um das Wasserloch verbreitert werden.

Für Volpers und die organisierten Anwohner steht es aber außer Frage, dass auch an anderen Stellen in der Uckermark durch den Maisanbau die Pestizid-Belastung zugenommen hat. Bei einem Treffen am vergangenen Freitag, zu dem rund 130 Teilnehmer gekommen seien, wären aus dem Stegreif wenigstens sechs andere Verdachtsstellen genannt worden, berichtete Volpers gestern. „Unter anderem bei Altkünkendorf, am Wriezensee oder am Plunzsee.“

Tatsächlich hat der Mais-Anbau in Brandenburg stark zugenommen. Dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg zufolge ist er 2011 auf den Rekordumfang von 167 000 Hektar gestiegen. Das sind acht Prozent mehr als noch 2010. Der Zuwachs sei vor allem dem Einsatz des Mais in den zahlreichen Biogasanlagen des Landes geschuldet, sagen die Statistiker. Experten sprechen bereits von einer sogenannten Vermaisung der Landschaft.

Das LELF hat bereits zugesagt zumindest einige weitere Stellen im Frühjahr testen zu lassen. „Wir haben in der Region hügeliges Gelände und einen großen Gewässerreichtum“, sagte LELF-Referatsleiter für Pflanzenschutz , Jens Zimmer. Sollten sich an mehreren Stellen erhöhte Werte ergeben, seien auch entsprechende Auflagen denkbar. Vielleicht seien die Anwendungsbestimmungen für diese örtlichen Gegebenheiten nicht ausreichend. Möglich wäre ein „lokales Risikomanagement“ mit Auflagen für die Landwirte. Ein genereller Verzicht auf Pestizide sei aber „eher unrealistisch“.

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