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Brandenburg: Die Gefahr, die aus der Tiefe kommt

Grundeis lässt die Pegel in Flüssen steigen. An der Elbe wird wieder mit Hochwasseralarm gerechnet

Wittenberge/Neurüdnitz. Die Deichläufer sind los: Ab heute ziehen Frauen und Männer am Prignitzer Abschnitt der Elbe im Brandenburger Nordwesten wieder auf der Dammkrone Tag und Nacht ihre Runden. Sie sollen angesichts des erwarteten Hochwassers auf mögliche Sicker- und Bruchstellen sowie auf Barrieren aus Eisschollen achten. Die meisten Deichläufer haben sich freiwillig für den Job gemeldet, der bei Nachtfrösten um minus 15 Grad Celsius viel Kondition verlangt. Sie sind auf dem Damm obendrein ungeschützt dem Wind ausgeliefert.

Auch an der Oder im Osten des Landes droht Gefahr durch Eis. Fast auf dem gesamten Brandenburger Abschnitt des Flusses liegt eine geschlossene Eisdecke. Zwar besteht hier noch keine akute Überschwemmungsgefahr, aber trotzdem wird der Strom aufmerksam beobachtet. Zum einen vom Bundesgrenzschutz: Der hat seine Patrouillengänge verstärkt, die besonders auf Fußspuren im verschneiten Eis achten sollen. Das könnten entweder leichtsinnige Spaziergänger sein oder illegale Einwanderer, die die zugefrorene Oder als Weg nach Deutschland nutzen. Darüber hinaus beobachten die Behörden den Grenzfluss, um die Hochwassergefahr zu bestimmen. Und was die vom Ufer aus sehen, ist wahrhaft sehenswert: Kreuz und quer liegen Eisbrocken und -schollen auf der Oberfläche. Etwa 20 Zentimeter darunter fließt der Strom noch, dem jetzt nur noch ein rund ein Meter breiter Streifen bleibt. Dann beginnt das Grundeis, wie ein Test bei Neurüdnitz ergab. Dort singt und krächzt das Eis schon, wie ein Einheimischer die Geräusche deutete.

Während der Pegel der Oder derzeit nicht steigt, sieht es an der Elbe in Wittenberge ganz anders aus. Normal wäre um diese Jahreszeit ein Pegelstand von 3,50 Meter, aktuell sind es 6,35 Meter. Am Sonntag werden 6,95 Meter erwartet. „Wir rechnen am Wochenende in diesem Elbabschnitt mit der Ausrufung der höchsten Hochwasseralarmstufe IV“, sagte der Präsident des Landesumweltamtes, Professor Matthias Freude, in Wittenberge. Die Elbe fließe zwar noch mehr als einen Meter unterhalb der Deichkrone. „Aber sie gefriert genau wie die Oder von unten zu. Durch die Strömung werden große Stücke vom Grundeis abgerissen, die nach oben schwimmen. Hier verkeilen sich die Schollen mit anderen und stauen das Wasser an“, erklärte Freude die besondere Situation. Sie könnten dann eine Flutwelle auslösen. Um den Fluss eisfrei zu halten und den Abfluss der einmündenden Havel zu gewährleisten, liegen Eisbrecher in Bereitschaft. Weil Wasser außerdem durch die Deiche ins Hinterland drückt, sind rund um Wittenberge schon einige Straßen nicht mehr befahrbar. In der Gemeinde Weisen entsteht an einer Uferstraße bereits ein Schutzwall.

Viele Bewohner erinnern sich mit Schrecken an das große Winterhochwasser in der Prignitz im Jahre 1982. Damals bohrten sich Eisschollen bis zu einem Meter tief in den Deich und zerstörten ihn großflächig.

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