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Brandenburg: Die Wildnis soll sich weiter ausbreiten

Nationalpark Unteres Odertal will weitere Flächen unter totalen Naturschutz stellen

Criewen - Wasser, so weit der Blick reicht. Der Nationalpark „Unteres Odertal“ gleicht momentan eher einer weitläufigen Seenlandschaft als einer Flussaue. Das Winterhochwasser bestimmt das Bild. Die schier endlosen Wiesen, die im Sommer von Kühen beweidet werden, stehen unter Wasser, lediglich die Kronen der Bäume, die die Wiesen begrenzen, ragen heraus. Wenn das Wasser im Frühjahr sich wieder zurückgezogen hat, werden die Landwirte ihre Wiesen wieder in Beschlag nehmen. Aber längst nicht mehr in dem Maße, wie das früher der Fall war.

Der Nationalpark will in diesem Jahr sein Wildnisgebiet ausweiten. „Wir wollen weitere Flächen komplett aus der Nutzung nehmen und der Natur zurückgeben“, kündigt Nationalpark-Chef Dirk Treichel in Criewen an. Mindestens 160 Hektar sollen in diesem Jahr durch freiwillige Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung und Flächentausch der Natur überlassen werden.

Und wenn es sich ergibt, können es ruhig noch einige Hektar mehr sein, lässt Treichel erkennen. Im Gegensatz zu früher gebe es jedoch keine Zielvorgaben. „Das neue Nationalparkgesetz lässt uns Zeit, Schutzzonen werden dort eingerichtet, wo wir uns mit den Landnutzern einigen konnten. Wo es noch keine Einigung gibt, muss erst ein Interessenausgleich gefunden werden, ehe die Flächen der Wildnis zurückgegeben werden können“, unterstreicht Treichel. Diese Einigung kann durch den Tausch oder Verkauf von Flächen erzielt werden. „Alles in allem sind wir auf einem guten Weg“, sagt Treichel.

Die Kritik von Naturschutzfundamentalisten, die im Vorjahr verabschiedete Nationalpark-Gesetzesnovelle vertage die Einrichtung von Totalreservaten auf den St. Nimmerleinstag, sei falsch. „Wir verfolgen dieses Ziel mit langem Atem und beharrlich“, versichert der Nationalpark-Chef. Nach internationalen Kriterien muss ein Nationalpark mindestens die Hälfte seiner Fläche komplett aus der Beeinflussung durch den Menschen herausnehmen. Im Unteren Odertal wären das über 2500 Hektar. Etwa 15 Prozent der Flächen stehen schon unter Totalreservatsschutz.

Auch den Tourismus im Nationalpark will Treichel in diesem Jahr weiter fördern. Dort, wo die Wildnis nicht die Vorherrschaft hat, sollen sich weitaus mehr Gäste tummeln und die Naturschönheit des Odertals erleben, als das bislang der Fall war. „Wir investieren auch in die touristische Infrastruktur“, versichert Treichel.

So sollen mehrere Wanderwege saniert und ein Aussichtspunkt fertig gestellt werden, von dem aus die Gäste mit einem Scherenfernrohr nach seltenen Vögeln Ausschau halten und die Schönheit der Oderlandschaft genießen können.

Brandenburgs einziger Nationalpark solle stärker für Naturtouristen erlebbar gemacht werden, kündigt Treichel an. Das novellierte Nationalparkgesetz biete auch dafür gute Voraussetzungen.

Beispielsweise sei erstmalig auch das Kanu-Fahren im Schutzgebiet erlaubt. Auf zwei Routen machten im vergangenen Jahr bereits knapp 300 Freizeit-Wasserwanderer von dieser Möglichkeit Gebrauch und erkundeten die Flussauenlandschaft per Kanu.

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