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Ermyas-M.-Prozess: DNA-Spur nicht als Beweis geeignet

Im Prozess um den brutalen Angriff auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. hat auch ein DNA-Gutachten keine eindeutigen Beweise gegen die Angeklagten gebracht.

Potsdam - Zwar könnten Spuren vom Tatort dem Beschuldigten Thomas M. zugeordnet werden, sagte eine Molekularbiologin des Landeskriminalamtes (LKA) beim neunten Prozesstag vor dem Landgericht Potsdam. Doch handele es sich bei dem vorgefundenen Material um eine Mischspur mit Merkmalen mehrerer Personen. Die Nebenklage räumte ein, dass das DNA-Gutachten keine Grundlage für eine Verurteilung biete. Aus Sicht von Verteidiger Sven-Oliver Milke hat die Staatsanwaltschaft bislang nichts gegen M. in der Hand. In dem Verfahren müssen sich der 29 Jahre alte Björn L. wegen gefährlicher Körperverletzung und der 31-jährige Thomas M. wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten. Beiden wird zudem Beleidigung vorgeworfen. Sie bestreiten jede Tatbeteiligung.

Die Männer sollen am Ostersonntag 2006 an einer Haltestelle mit Ermyas M. in Streit geraten sein und den dunkelhäutigen Potsdamer dabei als "Scheiß-Nigger" beschimpft haben. Infolge der Auseinandersetzung soll L. dem gebürtigen Äthiopier einen heftigen Schlag ins Gesicht versetzt haben. Der Familienvater erlitt schwerste Kopfverletzungen.

Scherben mehrerer Flaschen gefunden

Am Tatort hatten Polizisten die Scherben von mindestens zwei Bierflaschen sicher gestellt. Zudem hatte sie in der Nähe eine Weinflasche gefunden. Das LKA untersuchte die Spuren auf dem Glas und verglich sie mit Proben des Opfers und der Beschuldigten. Nach Angaben der Spezialistin wurden weder auf der Weinflasche noch auf einem der Bierflaschenhälse Spuren der drei Männer entdeckt. Auf dem zweiten Bierflaschenhals fanden sich DNA-Spuren des Opfers. Seine Frau hatte an einem früheren Prozesstag ausgesagt, Ermyas M. habe sich in der Nacht ein Bier für den Weg mitgenommen.

Zu dem Flaschenhals passt nach Angaben der LKA-Expertin die Scherbe, auf der die Mischspur mit Merkmalen des Angeklagten M. gefunden wurde. Die Biologin betonte aber, die Spur enthalte die Merkmale von mindestens zwei, wahrscheinlich sogar drei bis fünf Personen. Eine eindeutige Zuordnung sei nicht möglich. Auszuschließen sei lediglich, dass der Angeklagte Björn L. Spuren auf der Scherbe hinterlassen habe.

Anwälte sehen wenig Beweiskraft in DNA-Spuren

Nach Ansicht Milkes hat das DNA-Gutachten keine Beweiskraft. Die Staatsanwaltschaft habe nichts Belastendes gegen M. vorzuweisen. Daher sei wenige Wochen nach dem Angriff auch der Haftbefehl gegen seinen Mandaten aufgehoben worden. Auch Opfer- und Nebenklageanwalt Thomas Zippel sagte, das DNA-Gutachten sei "keinesfalls ausreichend" für eine Verurteilung des Mitangeklagten. Die Spur sei kein Beweis, allenfalls deute sie auf etwas hin. Das sei jedoch sehr vage.

Mit Blick auf den Hauptbeschuldigten Björn L. wollte Zippel keine Bewertung zum Verfahren abgeben. Dafür sei es noch zu früh. Unter anderem müsse noch das Gutachten eines Spracherkennungsexperten abgewartet werden. L. soll laut Anklage auf dem Mailbox-Mitschnitt des Streits zwischen Opfer und Angreifern zu hören sein. Er wird aufgrund seiner hohen Fistelstimme seit seiner Kindheit "Pieps" genannt. Allerdings haben Polizisten und ein Arzt während der Prozesses ausgesagt, dass L. zur Tatzeit heiser gewesen sei. (tso/ddp)

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