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Ein Jäger steht mit seinem Hund im Sonnenuntergang auf einem Feld im ostbrandenburgischen Alt Madlitz (Brandenburg).

© dpa/Patrick Pleul

Dritter Schuss fürs Brandenburger Jagdgesetz : SPD positiv gestimmt, CDU-Chef lobt Grünen-Minister

Umweltminister Axel Vogel legt erneut einen Entwurf für ein Jagdgesetz vor. Es ist der kleinste gemeinsame Nenner – könnte aber erfolgreich sein.

Aller guten Dinge sind drei: Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) plant erneut eine Reform des Jagdgesetzes. Wie aus einem seit Ende letzter Woche auch dieser Zeitung vorliegenden Entwurf seines Ministeriums hervorgeht, über den zuerst die Bild und die BZ berichteten, ist das Gesetzesvorhaben dieses Mal allerdings deutlich abgespeckt. Tretminen, die für massive Verärgerung besonders unter den Jägern sorgten, wurden entschärft.

Ein Beispiel sind die Eigenjagdbezirke, also die Flächen, die erforderlich sind, damit ein Waldeigentümer auf eigenem Grund und Boden jagen kann. Bislang war in Brandenburg dafür ein Grundbesitz von 150 Hektar erforderlich – deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt. Künftig wird ein Waldbesitzer, so wie in fast allen anderen Bundesländern, für einen Eigenjagdbezirk 75 Hektar benötigen. Ursprünglich hatte Vogel einmal zehn Hektar geplant: Denn das Gesetz sollte das Ziel verfolgen, durch intensivere Bejagung den Wildverbiss zu reduzieren, und so den Waldumbau befördern.

Intensive Gespräche mit Waldeigentümern und Jägern

Doch der aktuelle Gesetzesvorschlag entstand in intensiven Gesprächen mit Waldeigentümern und Jägern. Man einigte sich auf einen Kompromiss, den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Wald und Wild. Weswegen der Wunsch der Waldbesitzer nach Jagderlaubnissen für den eigenen Wald nicht den Weg in das Gesetz fand, die Wünsche der Jagdgenossenschaften wogen schwerer. Umgekehrt muss jeder Jäger künftig nun einmal im Jahr auf einem Schießstand üben.

Agrarminister Axel Vogel (Grüne)

© dpa/Bernd settnik

Doch selbst wenn er dabei permanent danebentrifft, wird er den Jagdschein behalten dürfen: Mindestergebnisse der Schießübungen sind auch vom neuen Jagdgesetz nicht vorgeschrieben. Veränderungen gibt es indes beim Tierschutz: Das Abschießen streunender Hunde und Katzen ist künftig verboten. Fallen, die Tiere automatisch töten, sind künftig ebenfalls nicht mehr erlaubt. So sollen zufällige Fänge geschützter Arten vermieden werden.

„Ich glaube, diesmal wird es etwas“, sagte der Präsident des Landesjagdverbands, Dirk-Henner Wellershoff. „Weil wir es gut abgestimmt haben.“ Der Entwurf sei ein Kompromiss, der allen wehtue: Die Jäger bedauerten, dass etwa eine Reihe Vögel aus der Liste des jagdbaren Wildes gestrichen wurde. Und auch dass Forstbetriebsgemeinschaften nun Eigenjagdbezirke bilden können und aus den Jagdgenossenschaften herausfielen, tue weh. Dass es keine Mindestschießergebnisse gibt, sieht Wellershoff dagegen nicht kritisch. „Schießen können die Jäger, das ist nicht das Thema“, sagte er dieser Zeitung. Es gebe aber „ältere Mitglieder, die bei hochaktivem Bewegungsschießen Schwierigkeiten“ bekämen.

Minister Vogel hätte sich „mehr gewünscht“

„Ich bin froh, dass wir zu einem Kompromiss gekommen sind, und in einem Konsens ausgelotet haben, was machbar ist“, sagte auch der Vorsitzende des Waldbesitzerverbands, Thomas Weber. „Natürlich hätte ich mir den Begehungsschein für Waldbesitzer gewünscht, aber scheinbar ist das ein heikles Thema, an das man sich nicht herantraut.“ Minister Vogel selbst sprach ebenfalls von einem Kompromiss. „Wir haben uns auf ein Paket verständigt“, sagte Vogel den PNN. „Ich hätte mir mehr gewünscht, aber am Ende muss ich mit den politischen Realitäten leben.“

So sei das neue Gesetz kein Vollgesetz geworden, das in Brandenburg an die Stelle des Bundesjagdgesetzes getreten wäre. Zu den Fortschritten zählt Vogel dagegen die Begrenzung der Pachtdauer für Jagdpächter auf neun Jahre, die alle drei Jahre stattfindenden gemeinsamen Waldbegehungen von Vertretern der Jäger und der Eigentümer sowie das Verbot der Totschlagfallen. Auch die Stärkung der Forstbetriebsgemeinschaften als Vertreter der „kleinen“ Waldeigentümer hebt Vogel hervor.

Naturschützer sehen den Gesetzesentwurf indes differenzierter. „Wir sehen positive Schritte, die dazu führen, dass Waldbesitzer etwas dafür machen können, dass weniger Verbiss stattfindet“, sagte der Geschäftsführer des BUND, Axel Kruschat. „Aber im Vergleich zum ersten Entwurf ist das immer noch ein sehr kleiner Schritt, es gibt immer noch ein Übergewicht der Jagdinteressen an einem hohen Wildbestand.“

Man werde sich dafür einsetzen, dass der Landtag die Mindestgröße für eine Eigenjagd noch weiter verringere. „Besonders die Verringerung der Mindestfläche für einen Jagdbezirk, die Verkürzung der Pachtdauer und die Konsequenzen, wenn durch die Jagdausübung die Verjüngungsziele ohne Zaun nicht möglich sind, sind ein großer Fortschritt, auch wenn nicht alle ursprünglichen Ziele umsetzbar waren“, sagte dagegen Michael Egidius Luthardt, der neue Landesvorsitzende der „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“.

Lob vom CDU-Landeschef

Und die Politik? „Ich möchte auch mal Axel Vogel loben“, sagte CDU-Landes- und Fraktionschef Jan Redmann. „Er hat das Gespräch mit dem Waldbesitzerverband und mit dem Landesjagdverband gesucht – und ich war selbst im Ministerium und habe mit Vogel gesprochen.“ Aus den Fehlern der Vergangenheit seien die richtigen Lehren gezogen worden. „Deswegen gibt es jetzt einen Gesetzesentwurf, der auf breite Unterstützung stößt.“

Auch die SPD-Fachpolitiker Johannes Funke und Wolfgang Roick sehen das Gesetz „auf einem guten Weg“. Allerdings wollten beide Politiker nicht ausschließen, dass es etwa im Umgang mit streunenden Katzen im Landtag noch zu Veränderungen kommt. Denn am Ende gilt auch für das neue Brandenburger Jagdgesetz das Strucksche Gesetz, wonach kein Gesetz das Parlament am Ende so verlässt, wie es zu Anfang hineingekommen ist.

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