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Brandenburg: Eine Koalition gegen die Regierung

Gemeinsam fordern Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften mehr Investitionen und weniger Sparen

Potsdam - Wegen ihrer jüngsten Spar-Beschlüsse gerät Brandenburgs Regierung nun auch von Seiten der Wirtschaft unter Druck. Verbände, Kammern und Gewerkschaften warnten am Donnerstag vor weiteren Kürzungen bei den Investitionen im Haushalt 2005/2006. „Die neue Koalitionsregierung hat die Weichen nicht so gestellt, wie es nötig wäre. Sie scheut sich, heiße Eisen anzupacken“, sagte Victor Stimmung, Präsident der Potsdamer Industrie- und Handelskammer (IHK). „Sachsen, das von Anfang an eine solidere Haushaltspolitik betrieben hat, läuft Brandenburg davon.“ Zuvor hatten bereits Kommunen Kritik an „unberechenbarer“ Finanzpolitik, Einschnitten bei der Gemeindefinanzierung und dem Abrücken der Regierung vom gerade beschlossenen Koalitionsvertrag geübt.

Während Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) auf der alljährlichen „Führungskräftekonferenz“ der Landesregierung vor rund 200 Behördenchefs, Gerichtspräsidenten und Kommunalpolitikern die Spar-Pläne als ausgewogen verteidigte, gab es auf der gemeinsamen Pressekonferenz von Wirtschaftsverbänden und DGB geharnischte Kritik: Das Land gebe nach wie vor einen Großteil der Solidarpakt-Hilfen aus dem Westen zweckentfremdet aus – statt für Investitionen für den Konsum, also zum Beispiel für Personal- oder Sozialausgaben. Die Wirtschaft fordert deshalb ein „Umsteuern und Umdenken“, allerdings mit einer bemerkenswerten Einschränkung: Angesichts zurückgehender Geburtenzahlen und dem schlechten Abschneiden Brandenburgs bei der Pisa-Studie, so Stimming, dürfe bei Kindertagesstätten und Schulen „keinesfalls mehr der Rotstift angesetzt werden“.

Gleichwohl verwies Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg darauf, dass höhere Investitionen in die gewerbliche und kommunale Infrastruktur, in Straßen, Schulen und Hochschulen der einzige Weg für ein höheres Wirtschaftswachstum seien. Deshalb müssten weiterhin mindestens 20 Prozent des Landeshaushaltes investiert werden, was nach den Sparbeschlüssen nicht mehr der Fall wäre. Außerdem fordert die Wirtschaft, dass das hochverschuldete Land weniger neue Schulden macht als vom Kabinett vorgesehen: Nach dem Koalitionsvertrag sollte die Neuverschuldung von derzeit eine Milliarde Euro Jahr für Jahr um 175 Millionen Euro abgesenkt werden – nun sollen es 2005 und 2006 nur jeweils 140 Millionen sein.

Axel Wunschel, Chef des Bauindustrie-Verbandes, kritisierte bisherige und geplante Kürzungen bei der Sanierung von Landesstraßen, von den erst 40 Prozent den üblichen Standard hätten. Es sei kurzsichtig, sich auf das Netz von Bundesautobahnen und Bundesstraßen zu verlassen, so Wunschel. „Das wäre wie Kanäle durch ein Trockengebiet. Man rauscht durch – und rechts und links davon verdorrt alles.“

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