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Brandenburg: Ende einer Ära

Landtagspräsident Knoblich wird 65 / Der „Sonnenkönig“ regierte streng

Landtagspräsident Knoblich wird 65 / Der „Sonnenkönig“ regierte streng Potsdam - Die Reihe der Gratulanten wird lang sein. Rund 150 Gäste wollen am heutigen Freitag auf Potsdams Brauhausberg kommen, um dessen „Herrscher“ zum 65. Geburtstag ihre Reverenz zu erweisen. Herbert Knoblich ist seit 1990 Präsident des brandenburgischen Landtages - und hat damit das Amt des Parlamentschefs so lange inne wie kein anderer in der Bundesrepublik. Mit Erreichen des Rentenalters will der gelernte Mathematik- und Physiklehrer jetzt jedoch einen Schlusspunkt setzen. Bei Häppchen und Sekt werden sich die Fraktionsvorsitzenden, Abgeordneten, Kabinettsmitglieder, frühere Berufskollegen, Schüler und Mitarbeiter Knoblichs versammeln. Allen voran gratuliert Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) dem Jubilar und Parteikollegen. Im Januar 1990 war Knoblich den Sozialdemokraten beigetreten, ohne sich immer auf deren Linie zwingen zu lassen. Überhaupt hat der gebürtige Schlesier anderen den Umgang mit sich nicht immer einfach gemacht. Früh erntete er den Vorwurf, die Parlamentarier bisweilen wie ein Schulmeister zu maßregeln, und hinter vorgehaltener Hand wurde ihm der Titel „Sonnenkönig“ verpasst. Angesichts immer wieder vorkommender Disziplinlosigkeiten im Landtagsbetrieb verteidigt Knoblichs Sprecher Jürgen Itzfeldt jedoch das Auftreten gegenüber den Volksvertretern: „Sie brauchen die führende Hand. Und da macht sich ein Lehrer ganz gut.“ Zum Beispiel, wenn es um die Einhaltung von Redezeiten oder die Beschlussfähigkeit des Parlaments geht. Hier hatte Knoblich die Uhr stets scharf im Blick. Selbst bei umfangreichsten Tagesordnungen uferten Debatten und Abstimmungen unter seiner Führung nie aus; Mittagspausen wurden notfalls gestrichen. „Auch in der Schule gibt es ein Klingelzeichen“, erinnert Itzfeldt. „Die Menschen verplaudern sich halt leicht.“ Der Landtagspräsident hat den Zeitpunkt für seinen Abgang gut gewählt, denn auch das Parlament verabschiedet sich in seiner jetzigen Zusammensetzung aus der Landespolitik. Nach fünfjähriger Legislaturperiode tritt es nächste Woche zum letzten Mal regulär zusammen. In den vergangenen 93 Sitzungen verbrachten die 88 Abgeordneten laut jüngster Statistik 627 Stunden und 25 Minuten auf ihren Stühlen. Von 178 Gesetzentwürfen wurden 118 verabschiedet; 129 brachte die Landesregierung ein. Obendrein hatten die Regierenden 2122 Fragen aus den Reihen der Volksvertreter zu beantworten, sorgten 67 Aktuelle Stunden für Debattierstoff. In den Reihen der Abgeordneten kam es seit 1999 zu manchem Wechsel und Schicksalsschlag: So schieden sechs von ihnen vorzeitig aus, darunter als Prominentester der frühere Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD); vier Parlamentarier starben. Die politische Kultur hat sich aus Sicht der Landtagsführung im Vergleich zu früheren Perioden verändert. „Der Ton ist rauer geworden“, stellt Sprecher Itzfeldt fest. Dies gilt nach allgemeiner Beobachtung insbesondere für die „Jungen Wilden“ der Parteien. Dazu zählen gemeinhin Sven Petke (CDU), Stefan Sarrach (PDS), Mike Bischoff (SPD) oder auch Christian Ehler (CDU). „Die wollen den Alten zeigen, dass man auch einen schärferen Ton anschlagen kann“, ist im Landtag zu hören. Wenn in den Debatten gewisse Grenzen überschritten wurden, rief Parlamentspräsident Knoblich regelmäßig die Streithähne scharf zur Ordnung. Nach dem Ausscheiden aus dem Amt will der verheiratete Vater einer Tochter weiter politisch aktiv bleiben. Unter anderem ist er stark in der Europäischen Bewegung engagiert, Präsident des Brandenburgischen Volkshochschulverbandes sowie Landesvorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Auf kommunaler Ebene liegt ihm die Entwicklung seiner Wohngemeinde Caputh am Herzen.

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