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Unter dringendem Tatverdacht. Ludwigsfeldes Ex-Bürgermeister Heinrich Scholl soll seine Ehefrau Brigitte umgebracht haben.

© Uwe Steinert

Brandenburg: Ex-Rathauschef unter Mordverdacht

Der frühere Bürgermeister von Ludwigsfelde, Heinrich Scholl, soll seine Ehefrau getötet haben / Ermittler sprechen von „Mordmerkmal der Heimtücke“

Von Matthias Matern

Ludwigsfelde - Der frühere Bürgermeister von Ludwigsfelde (Teltow-Fläming), Heinrich Scholl, ist wegen Mordverdachts verhaftet worden. Der mittlerweile 68-Jährige stehe unter „dringendem“ Verdacht, seine Ehefrau Brigitte Scholl getötet zu haben, teilten die Staatsanwaltschaft Potsdam und die Polizeidirektion West am Mittwoch in einer gemeinsam Erklärung mit. Auch das Wohnhaus sowie mehrere Nebengebäude seien durchsucht worden. Scholl sei um sechs Uhr früh festgenommen worden und sitze bereits in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel.

In Ludwigsfelde sorgte die Nachricht für Fassungslosigkeit. „Wir sind geschockt und fassungslos“, sagte der stellvertretende Bürgermeister René Böttcher auch im Namen von Rathauschef Gerhard Frank (SPD).

Wie berichtet war die Leiche der 67-jährigen Brigitte Scholl am 30. Dezember nach einer systematischen Suche in einem Waldstück nahe Ludwigsfelde gefunden worden. Einen Tag zuvor war sie bereits als vermisst gemeldet worden. Neben der mit Gehölz bedeckten Leiche fand die Polizei zudem Brigitte Scholls getöteten Hund, einen hellbraunen Cockerspaniel. Später bestätigte eine DNA-Analyse die Vermutung, dass es sich um die Ehefrau des ehemaligen Ludwigsfelder Rathauschefs handelte. Nach Hinweisen aus der Bevölkerung entdeckten die Beamten zudem in der Nähe den abgestellten silbernen Mercedes Benz von Brigitte Scholl. Bei den Bürgern in Ludwigsfelde war sie sehr beliebt und fast so bekannt wie ihr Mann. Scholl führte in der 24 000-Einwohner-Stadt einen Kosmetiksalon und engagierte sich für soziale Projekte wie etwa einen Frauenstammtisch und den Weihnachtsmarkt.

Gegen Heinrich Scholl, der seit 1990 das Rathaus in Ludwigsfelde führte und 2008 aus Altersgründen aus dem Amt schied, ermittelt die Staatsanwaltschaft Neuruppin. Noch im Laufe des Monats soll Anklage gegen ihn und Teltow-Fläming-Landrat Peer Giesecke (SPD) erhoben werden, weil sie sich angeblich von einem Investor jeweils zu teuren Essen im Wert eines vierstelligen Betrages einladen ließen. Es geht um den Verdacht der Vorteilsannahme. Beide Beschuldigte haben die Vorwürfe bisher stets bestritten.

Ein Zusammenhang der Vorwürfe mit der Ermordung Brigitte Scholls sei allerdings nicht erkennbar, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam, Ralf Roggenbuck, gestern. Zu einem möglichen Motiv wollte er sich nicht äußern. „Als Mordmerkmal nehmen wir Heimtücke an“, sagte Roggenbuck allerdings. Darunter sei „die Ausnutzung der auf Arglosigkeit beruhenden Wehrlosigkeit“ zu verstehen. „Brigitte Scholl konnte also nicht damit rechnen“, erläuterte der Behördensprecher weiter.

Ermittelt wird laut Roggenbuck wegen des Verdachts des Mordes in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Wie Brigitte Scholl zu Tode gekommen ist, ließ er aber offen. „Zur Todesursache geben wir keine Auskunft“, sagte Ralf Roggenbuck. Auch zu weiteren Fragen, etwa wann Brigitte Scholl ihren Mercedes abgestellt hatte, machte der Justizsprecher mit Verweis auf „ermittlungstaktische Gründe“ keine Angaben.

Wie berichtet hatten Zeugen ausgesagt, dass Brigitte Scholl in dem Waldstück regelmäßig mit ihrem Hund spazieren gegangen sei. Bereits kurz nach dem Fund ihrer Leiche waren zahlreiche Hinweise eingegangen. Die Fahnder hatten sich deshalb zuversichtlich gezeigt, den Fall schnell aufklären zu können. Ein Sexualverbrechen war ausgeschlossen worden.

Der Verdacht, dass Heinrich Scholl seine Ehefrau ermordet haben könnte, sei das „Ergebnis von umfangreichen Ermittlungen“, sagte Roggenbuck gestern. Anfangs habe er von einem Puzzel gesprochen, nun habe sich „das Bild geschlossen“. „Dank der vielen Hinweise konnten wir auch viele Dinge ausschließen.“

Beim Korruptionsverdacht gegen Heinrich Scholl prüfen die Ermittler einen Bezug zu mehreren Bauprojekten, die ein regional bekannter Baulöwe im Auftrag der Stadt übernommen hat. Konkret geht es um das Waldstadion, in dem der Bauunternehmer für 1,8 Millionen Euro eine Tribüne mit 300 Sitzplätzen errichtet hat – offerbar auffällig günstig. Eingeweiht worden war der Bau 2009, ein Jahr nach Scholls Ausscheiden aus dem Amt.

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