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Brandenburg: Fluglinie gibt Kampf um Tempelhof auf

Windrose Air zieht Klage überraschend zurück. Organisator des Volksbegehrens setzt weiter auf Gericht

Berlin - Der Streit um den Berliner Flughafen Tempelhof wird immer bizarrer: Während das Volksbegehren für einen Weiterbetrieb des innerstädtischen Flughafens dicht davor steht, die nächste Hürde zu überwinden, hat das Unternehmen Windrose Air überraschend seine Klage gegen die Aufgabe des Flughafens zurückgezogen. Damit sind die Chancen der Befürworter eines weiteren Flugbetriebs, ihren Wunsch juristisch durchzusetzen, erheblich gesunken. Denn ob die noch bestehenden drei Klagen überhaupt zulässig sind, ist zweifelhaft.

Die Klagen richten sich gegen den Beschluss der Berliner Stadtentwicklungsverwaltung, das Gelände nicht mehr als Flughafen auszuweisen. Den Bescheid hatte die Verwaltung bereits Anfang Juni 2007 erlassen, ihn aber bis zur vorgesehenen Aufgabe des Flugbetriebs am 31. Oktober 2008 ausgesetzt. Auf Kritik stieß dieses Verfahren, weil gleichzeitig bereits das Volksbegehren zur weiteren Offenhaltung des Flughafens lief.

Gegen den Beschluss, das Flughafengelände zu entwidmen, hatten dann das Geschäftsflug-Unternehmen Windrose Air, die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof (ICAT), die das Volksbegehren initiiert hat, sowie zwei Privatpersonen Klagen eingereicht. Ob sie zulässig sind, wird wahrscheinlich erst im Hauptverfahren entschieden, für das es noch keinen Termin gibt. Die größten Klagechancen hatten Juristen bei Windrose Air gesehen, weil das Unternehmen seine Flugzeuge in Tempelhof stationiert hat.

Die Rücknahme der Klage begründet Windrose Air mit der inzwischen im Unternehmen gesehenen Aussichtslosigkeit auf einen juristischen Erfolg. Gescheitert war bereits die Klage gegen die Aufgabe des Flugbetriebs zum 31. Oktober 2008. Die Rechtmäßigkeit hatte das OberverwaltungsgerichtBerlin-Brandenburg bestätigt; den Antrag auf eine Revision hatte das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. Gleichzeitig hätten die Richter dem Unternehmen deutlich zu verstehen gegeben, dass es auch im Verfahren um die förmliche Entwidmung keine Chance haben werde. Deshalb wolle Windrose Air kein Geld mehr für juristische Schritte ausgeben. Bisher habe man schon rund 500 000 Euro in Gerichtsverfahren gesteckt, heißt es in dem Unternehmen. Jetzt wolle man sich auf das Volksbegehren konzentrieren und dieses unterstützen.

Gerüchte, die Rücknahme der Klage sei ein internes Versehen gewesen, weist Windrose Air zurück. Demnach habe das Unternehmen lediglich im verlorenen Schließungsverfahren auf den erwogenen Gang vors Bundesverfassungsgericht verzichten wollen, irrtümlich soll dann aber die Klage um die planungsrechtliche Entwidmung zurückgenommen worden sein. Fest steht auf jeden Fall, dass solche „Prozesserklärungen“ unwiderruflich sind. Neu eingereicht werden könnte die Klage nicht.

Während Juristen überzeugt sind, dass den nun noch klagenden Privatpersonen wahrscheinlich keine Klagebefugnis zusteht, sieht ICAT-Chef Andreas Peter für seine Organisation bessere Chancen, weil sie gleichzeitig Organisator des Volksbegehrens sei. Er selbst hatte mit seinem Flugunternehmen auf eine Klage verzichtet.

Allerdings ist auch das Volksbegehren selbst bei einem Erfolg nicht rechtsverbindlich. Damit können die Initiatoren den Senat nur auffordern, auf die bereits beschlossene Aufgabe des Flugbetriebs zu verzichten. Rechtlich möglich wäre es, in Tempelhof weiterzufliegen, bis der neue Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld fertig ist.

Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, sagte gestern dieser Zeitung, sie gehe fest davon aus, dass Tempelhof selbst bei einem Erfolg des Volksbegehrens geschlossen wird. Auch das Land Brandenburg werde einer Änderung des gemeinsam mit Berlin gefassten Planfeststellungsbeschlusses zulasten des BBI niemals die Zustimmung geben. Das Volksbegehren sei ein „hanebüchener Unsinn, eine Veräppelung der Bürger“. Die geplante Teilnahme des Bahnchefs Hartmut Mehdorn an einem Spenden- Dinner für die CDU, um deren Tempelhof-Aktionen zu finanzieren, macht Künast „sprachlos“. Offenbar sei 2008 „nicht das Jahr Mehdorns, er macht alles falsch“.

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