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Brandenburg: Gemeinsames Parlament in Berlin? Lob für Biskys Anregung

SPD und CDU suchen nach Motiv für den Vorstoß des PDSlers

Potsdam. Das Echo überrascht. PDS-Fraktionschef Lothar Bisky hatte vorgeschlagen, Berlin und nicht Potsdam zum Parlamentssitz eines gemeinsamen Bundeslandes zu machen. Und wider Erwarten stößt dieser Plan in der Brandenburger Politik auch auf Zustimmung. Damit wird ein bisheriges Tabu erstmals gebrochen.

Noch überwiegen allerdings kritische Reaktionen. „So gewinnt man die Brandenburger nicht für die Fusion", monierte CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger. „Man kann fast glauben, dass Bisky so die Fusion verhindern will", kommentierte der neue Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). CDU-Landeschef Jörg Schönbohm sagte, Biskys Vorstoß widerspreche dem „gemeinsamen Verständnis“ für einen neuen Fusionsanlauf. Und PDS-Landeschef Ralf Christoffers sieht eine Trennung von Parlament und Regierung als „ungünstig“ an.

Doch die Ablehnungsfront bröckelt. So sagte der PDS-Vizefraktionschef Heinz Vietze, man müsse Prioritäten setzen. „Die Verfassung eines gemeinsamen Landes hat einen höheren Stellenwert als der Parlamentssitz.“ Und in allen Landtagsparteien gibt es – anders als während der Fusionsdebatte 1995/96 – inzwischen sogar deutliche Stimmen für den Preußischen Landtag. Niemand weiß, wie der bei einer Fusion notwendige Landtagsneubau in Potsdam finanziert werden kann. „Angesichts der katastrophalen Haushaltslage müssen die Neubaupläne überprüft werden", sagte die PDS-Landtagsabgeordnete Anita Tack. „Es ist legitim, über Biskys Vorschlag nachzudenken.“ Bisky selbst hatte sich am Rande der Länder übergreifenden Ausschusssitzung zur Länderfusion am Mittwoch für den Preußischen Landtag ausgesprochen. Einen Neubau in Potsdam nannte er angesichts der knappen Finanzen „Unsinn“, verlangte aber als Bedingung „einen fairen Ausgleich“ für Potsdam.

Bildungsminister Steffen Reiche (SPD), der vor zwei Jahren selbst einmal den Preußischen Landtag ins Gespräch gebracht hatte, sieht das genauso. Die Entscheidung für den Preußischen Landtag wäre vernünftig, wenn „auch psychologisch außerordentlich schwierig", sagte Reiche. Es sei „mutig und zeuge von Verantwortung, wenn eine solche Initiative“ von der PDS komme. Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Hackel ist fest davon überzeugt, dass der Preußische Landtag Parlamentssitz von Berlin-Brandenburg wird: Schließlich sei der Brandenburger Landtag seit zwölf Jahren nicht in der Lage gewesen, die Neubau-Frage zu klären.

Gerätselt wird in Potsdam über Biskys Motive: SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness erinnerte daran, dass die PDS 1996 in ihrer Anti-Fusions-Kampagne immer den Vorwurf der ungenügenden Vertretung von Brandenburger Interessen erhoben habe. Nun falle Bisky hinter den damaligen, von der PDS angegriffenen Fusionsstaatsvertrag zurück. Entweder sei er „unbedarft", so Ness, oder es gehe um „eine geschickte Strategie, die Brandenburger wieder gegen die Fusion zu mobilisieren“. Auch der SPD-Landtagsabgeordnete Ulrich Freese bezeichnete den Vorstoß als „schizophren“ und „teuer“. In jedem Fall habe Bisky, so das übereinstimmende Urteil, eine neue Diskussion angestoßen.

M. Mara, Th. Metzner

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