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Brandenburg: Gericht kann sich nicht entscheiden

Fall Hülsmann: Urteilsverkündung abgeblasen / Richter sieht „erheblichen Beratungsbedarf“

Potsdam - Den „Fall Hülsmann“ und damit auch den Machtkampf an der Spitze des Brandenburger Landesrechnungshofes wird wohl der Bundesgerichtshof entscheiden: Das Potsdamer Landgericht ist sich selbst nach mehrmonatiger Hauptverhandlung unsicher, ob es den Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes Arnulf Hülsmann wegen Betruges verurteilen – oder den 57-Jährigen freisprechen soll. Die für Freitag angesetzte Urteilsverkündung in dem spektakulären Fall, der ein Novum in der Geschichte der Rechnungshöfe der Bundesrepublik ist, wurde völlig überraschend vertagt.

Der zweithöchste Rechnungsprüfer des Landes ist angeklagt, weil er bei der Abrechnung von Dienstreisen über Jahre getrickst haben soll. Zwar wurden in einer Überprüfung Ungereimtheiten in rund 200 Fällen festgestellt, so dass zunächst von einem Schaden von 45 000 Euro die Rede war. Zur Anklage brachte die Generalstaatsanwaltschaft nur 13 Fällen zwischen 1995 und 2001, wodurch dem Land ein Schaden von rund 4500 Euro entstanden sein soll. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte in den Plädoyer deshalb eine Geldstrafe von 30 000 Euro gefordert, womit Hülsmann vorbestraft wäre, die Verteidigung seinen Freispruch. Das war bereits am vorigen Freitag. Doch die Kammer sieht auch eine Woche später noch „erheblichen Beratungsbedarf“, so der Vorsitzende Richter Heinz-Jörg Thiemann – und warb um Verständnis. „Besonders der Angeklagte, der nervlich besonders angespannt ist und Klarheit will, tut mir leid.“

Neuer Termin der Urteilsverkündung sei der kommende Dienstag. Allerdings wollen im Fall einer Niederlage sowohl Generalstaatsanwaltschaft als auch Verteidigung eine Revision prüfen. Die Auseinandersetzung – die dem Image des Rechnungshofes erheblich schadet – könnte sich somit noch Jahre hinziehen.

Sollte der seit 2003 bei vollen Bezügen vom Dienst suspendierte Hülsmann (Bruttogehalt 7200 Euro) freigesprochen werden, wäre das eine schwere Niederlage für Rechnungshofpräsidentin Gisela von der Aue. Diese hatte mit einer Strafanzeige die Ermittlungen gegen ihren Stellvertreter Hülsmann ausgelöst, der ihr im Gegenzug einen „persönlichen Feldzug“ und „Mobbing“ vorwarf. Das Verhältnis zwischen Präsidentin und Vize galt allerdings bereits vor der Affäre als zerrüttet. Und im Landtag gibt es Stimmen in allen Parteien, die das Vorgehen der Präsidentin gegen ihren Vize für überzogen halten, zumal teure Gutachter und Anwälte eingeschaltet wurden.

Hülsmann selbst hatte die Hauptverhandlung eigentlich nutzen wollen, um die Vorwürfe restlos auszuräumen. Das gelang ihm nach Auffassung von Prozessbeobachtern nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft wies ihm nach, dass Angaben in den strittigen Abrechnungen objektiv falsch waren, obwohl gerade Hülsmann am Hof als besonders penibler Prüfer gilt. Was ihm zumVerhängnis werden könnte, ist die eigene Sammelwut: Hülsmann hatte persönliche Kassenbelege von Supermärkten und Tankquittungen über Jahre hinweg archiviert.

Für die Staatsanwaltschaft dienten diese Belege als Beweis, dass Hülsmann in den Abrechnungen falsche Angaben machte, sich zu bestimmten Daten und Zeiten zum Teil hunderte Kilometer entfernt aufhielt. Hülsmann selbst schloss zwar Fehler nicht mehr aus, wies aber jedweden Vorsatz bis zuletzt von sich.

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