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Brandenburg: „Größter Kreuzungsbahnhof Europas“

Am 28. Mai 2006 soll der Berliner Hauptbahnhof der Öffentlichkeit übergeben werden

Berlin - Ein gigantischer Anblick bietet sich dem Betrachter des künftigen Berliner Hauptbahnhofs. Nachts konturiert Flutlicht die riesige Konstruktion aus Stahlträgern, Glas und Beton. Tagsüber beeindrucken die gewaltigen Dimensionen dieses ambitionierten Infrastrukturprojektes der Deutschen Bahn AG (DB).

Noch strecken zahlreiche Baukräne ihre Arme über die größte Baustelle der Hauptstadt. Zwischen 400 bis 700 Menschen arbeiten hier täglich in drei Schichten. Unter ihnen herrscht euphorische Endspurtstimmung.

Nach knapp acht Jahren Bauzeit soll der „größte Kreuzungsbahnhof Europas“ am 28. Mai 2006 der Öffentlichkeit übergeben werden – rechtzeitig zu der am 9. Juni beginnenden Fußball-Weltmeisterschaft. Die Kosten werden mit rund 700 Millionen Euro beziffert.

Die Verantwortlichen zeigen sich davon überzeugt, dass der Termin im Mai eingehalten wird. „Die Arbeiten sind minutiös geplant“, sagt DB-Konzernsprecher Heiner von der Laden. Es funktioniere alles ganz exakt nach den Vorgaben des Chefingenieurs Hany Azer. „Darauf sind wir alle sehr stolz.“ Befürchtungen von Kritikern, das riesige Bahnhofsgelände vis-à-vis dem Bundeskanzleramt könnte sich wegen eines fehlenden angrenzenden Stadtquartiers, das erst noch entstehen muss, zum Niemandsland oder sozialen Brennpunkt entwickeln, weist die Bahn zurück. „Im Gegenteil“, betont Bahnsprecher Burkhard Ahlert. „Der neue Hauptbahnhof wird ein Publikumsmagnet.“ Mit 80 bereits vermieteten Geschäften, Imbissen und Restaurants biete das Gelände zahlreiche Einkaufs- und Speisemöglichkeiten. Für Touristen gehöre ein Besuch des Hauptbahnhofs ebenso zum Pflichtprogramm wie etwa die Begehung der Reichstagskuppel.

Große Potenziale für ihr Geschäft sieht auch die Stern- und Kreisschifffahrt. Die Reederei bemüht sich um eine Anlegestelle im benachbarten Humboldthafen. „Wir wollen hier Stundenfahrten anbieten“, sagt Geschäftsführer Frank Westphal. Vielleicht könne das Angebot noch nicht parallel zur Eröffnung des Hauptbahnhofs realisiert werden. „Aber spätestens 2007, wenn die restlichen Bauzäune abgerissen sind, fangen wir an.“ Bis zu 300 000 Reisende und Besucher täglich erwartet die Bahn am Berliner Hauptbahnhof in den nächsten Jahren. Rund 160 Fernzüge, 310 Züge des Regionalverkehrs und 800 S-Bahnen sollen hier pro Tag halten.

Nach Auffassung von Bahnchef Hartmut Mehdorn ist der Bahnhof richtig dimensioniert. Er sei ein auf die nächsten 50 Jahre ausgelegtes Projekt. Über diesen Zeitraum würden sich die Kosten amortisieren, und im unmittelbaren Umfeld des Bahnhof entstehe ein neues Stadtquartier.

Bei Inbetriebnahme des Hauptbahnhof soll nach Angaben von Ahlert ein Drittel des Fern- und Regionalverkehrs durch die vier Röhren des neuen Tunnels der Nord-West-Verbindung geleitet werden. Im Hauptbahnhof halten die Züge dann in einer 15 Meter tiefen Halle an einem der vier Bahnsteige mit acht Gleisen. Überirdisch verläuft die Stadtbahn unter einem 321 Meter langem Glasdach in Ost-West-Richtung. Dort entlang sollen vorläufig zwei Drittel der Fern- und Regionalzüge fahren. Das Glasdach der Stadtbahn wird von der 160 Meter langen gläsernen Bahnhofshalle in Nord-Süd-Richtung gekreuzt.

Zwei 46 Meter hohe Bügelbauten umspannen die Stadtbahn am Hauptbahnhof. Sie wurden im Sommer wie zwei Hängebrücken zueinander abgesenkt. Diese Architektur hebt den Charakter des Bahnhofs als Kreuzung hervor. Bislang ist vorgesehen, dass die Bahn einen Bügelbau bezieht und in dem anderen ein Hotel für Geschäftsleute eingerichtet wird. Ein Mietvertrag sei noch nicht unterzeichnet worden, sagt von der Laden.

Michael Winckler

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