zum Hauptinhalt

Brandenburg: Koalition der Schweiger

Platzecks Umgang mit dem BER-Absage-Brief

Potsdam - Es war die schlimmste zu erwartende Nachricht – der GAU: Der Flughafen BER kann schon wieder nicht eröffnet werden – diesmal nicht im Oktober 2013. Wann nun, ist völlig ungewiss. Die üble Nachricht kam – je nach Lesart – in der Vorwoche am späten Freitagnachmittag oder am frühen Abend in Potsdam an. Per Brief. Per Boten. Geschickt von Flughafen-Technikchef Horst Amann. Ein Brandbrief an Regierungschef Matthias Platzeck. Es folgte: keine Krisensitzung.

Nicht der Chef der Potsdamer Staatskanzlei, nicht der Flughafenbeauftragte der Staatskanzlei und auch nicht der Regierungschef und Vize-Vorsitzende der Flughafengesellschaft, Matthias Platzeck, hielten es für nötig, die Regierung oder wesentliche Teile davon einzuweihen. Von der Öffentlichkeit ganz zu schweigen. Jedenfalls nicht am Wochenende. Nicht einmal die beiden für den Flughafenbau und dessen Finanzierung zuständigen Landesminister – den für Wirtschaft, Ralf Christoffers, und den für die Finanzen, Helmuth Markov (beide Linke) – informierte Platzeck darüber, dass das mit dem Bau und mit der Finanzierung nichts wird. Kein Anruf, keine SMS, keine E-Mail, kein Bote. Nicht am Freitag. Und auch nicht am Samstag.

Als Amanns Bote am Freitag in der Staatskanzlei ankam, hatten das beamtete und das politische Personal schon Wochenende. Nur die übliche Stallwache war da. Platzeck sagt, er habe den Brief, der die Bürger in Berlin und Brandenburg mal eben eine Milliarde Euro oder das Fünffache davon mehr oder gleich den ganzen Flughafen kosten kann, erst am Samstag „physisch in Händen“ gehalten. Zuvor sei, so sagt er, schon viel getan worden, um den Inhalt aufzuklären. Ihm reichte es, Amanns Brief eine Nacht und ein paar Stunden nach dessen Eingang zu erhalten – „und dann auch zu lesen“. GAU hin, GAU her.

Was dann genau geschah, bleibt noch im Dunkeln – es war jedenfalls nicht so viel, als dass der Rest des Aufsichtsrates im Wochenende geweckt worden wäre. Jedenfalls nicht vorm Sonntagsbraten. Und auch nicht vorm Sonntagskuchen.

Finanzminister Markov und Wirtschaftsminister Christoffers erfuhren am späten Sonntagnachmittag davon. Platzecks BER-Mitaufsichtsräte erfuhren es aber nicht von ihm: Nein, er habe sie nicht angerufen. „Wir haben andere Wege gefunden“, sagt Platzeck.

Markov hat den Worten seines Regierungschefs nichts hinzuzufügen. Christoffers sagt, er sei von der Staatskanzlei und Amann am Sonntag informiert worden. Da waren dann fast 48 Stunden rum. Da ging es aber auch nicht mehr anders: Die „Bild“-Zeitung hatte bei Klaus Wowereit in Berlin wegen der Verschiebung angefragt – und könnte auch die Minister anrufen. Die könnten es aber auch aus den Abendnachrichten erfahren.

Eine Krisensitzung gab es dann erst am Montag. Nachmittags. In Berlin. Fast genau drei Tage nach Eingang der Brandbriefe in Berlin und Potsdam stellten sich Platzeck und Wowereit dann der Öffentlichkeit. Peter Tiede

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false