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Brandenburg: Koalitionskrach um Rechnungshof-Spitze

SPD will Kandidatin durchdrücken. CDU rückt von Vereinbarung ab – unterstützt von der PDS

Potsdam - Die Affäre um die Neuwahl des Präsidenten und zweier Direktoren des Brandenburger Rechnungshofes nimmt immer groteskere Züge an. Nach der CDU ist gestern auch die PDS von dem erst letzte Woche mit der SPD verabredeten „Drei-Parteien-Deal“ (wir berichteten) wieder abgerückt. Diesem zufolge sollte die Besetzung der Rechnungshof-Spitze zwischen SPD, CDU und PDS politisch geregelt werden. Konkret hatte man sich darauf verständigt, auf der Landtagssitzung Ende April unter Verzicht auf eine Ausschreibung die Landtagsabgeordnete Britta Stark (SPD) zur Präsidentin und die Finanzexpertin Kerstin Osten (PDS) zur Direktorin des obersten Kontrollgremiums des Landes zu wählen.

Stark ist jedoch umstritten, weil sie als „nicht ausreichend qualifiziert“ gilt. Als weiterer Direktor sollte ein noch zu benennender CDU-Kandidat mit Befähigung zum Richteramt gewissermaßen „vorab“ gewählt werden, weil die Stelle erst zum 1. Januar 2008 frei wird. Mit diesem Trick sollte dem Rechnungshofgesetz Genüge getan werden, demzufolge zwei Drittel des Führungskollegiums, darunter Präsident oder Vize-Präsident, die Befähigung zum Richteramt haben sollen. Seit der Berufung der früheren Präsidentin Gisela von der Aue (SPD) zur Berliner Justizsenatorin ist der Rechnungshof praktisch führungslos und nicht voll arbeitsfähig. Vizepräsident Arnulf Hülsmann ist wegen eines Betrugsverfahrens vom Dienst suspendiert. Von den drei Direktoren – zwei gehen demnächst in Pension – besitzt keiner die Befähigung zum Richteramt.

Die PDS-Fraktionsvorsitzende Kerstin Kaiser erklärte gestern, sie fühle sich von der SPD hintergangen. Man sei bei der Absprache letzte Woche von falschen Voraussetzungen ausgegangen. SPD-Fraktionschef Günter Baaske habe nicht über ein Gespräch in der Staatskanzlei mit dem früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes Ernst Benda und dem Potsdamer Verwaltungsrechtler Dieter Umbach informiert.

Bei diesem Gespräch haben beide Experten dringend empfohlen, zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Rechnungshofs als erstes einen Kandidaten zu wählen, der die Befähigung zum Richteramt hat, wie Benda gestern bestätigte. Nach seinem Urteil wäre es in der Reihenfolge der zu besetzenden Stellen das Beste, „zunächst einen Präsidenten zu wählen“, auch wenn das nicht zwingend sei. Indirekt heißt das wohl auch, dass der Präsident die Befähigung zum Richteramt haben sollte, wenn der Vizepräsident schon suspendiert ist.

Kaiser kritisierte die Staatskanzlei scharf: „Obwohl sich Regierungschef Platzeck nicht in das Verfahren einzumischen hat, beschäftigt sich die Staatskanzlei nach wie vor damit.“ Das Problem sei überhaupt erst durch die Art und Weise entstanden, wie Platzeck und SPD-Fraktionschef Baaske nach dem Ausscheiden von der Aues die Abgeordnete Stark als Nachfolgerin präsentiert hätten. Es sei offenbar nicht geprüft worden, ob der Personalvorschlag den rechtlichen Anforderungen genügt. Stark ist weder Juristin noch Finanzexpertin. Kaiser sprach sich dafür aus, dass die SPD ihre Kandidatin zurückzieht. Dies hatte zuvor bereits die Junge Union gefordert.

Auch CDU- Fraktionschef Thomas Lunacek nannte das Treffen in der Staatskanzlei, von dem der Landtagspräsident und die CDU ausgeschlossen war, einen „ungewöhnlichen Vorgang“. Man müsse sich fragen, warum es bei einer Wahl, die allein Sache des Landtages sei, überhaupt eine Runde in der Staatskanzlei gebe. Der Vorgang sei „nicht akzeptabel“.

SPD-Fraktionschef Baaske bedauerte zwar die „Präsentation“ von Britta Stark durch ihn selbst und Ministerpräsident Platzeck: „Das war nicht glücklich.“ Er betonte jedoch, dass die SPD an der Kandidatin festhalten wolle. Wie schon CDU-Fraktionschef Lunacek sprach sich auch Baaske für ein Rechtsgutachten aus, das prüfen soll, ob die angestrebte „Paket-Lösung“ rechtskonform ist. Das Landtagspräsidium beschloss am Nachmittag, ein solches Gutachten in Auftrag zu geben.

Juristen haben große Bedenken. So hat das Verwaltungsgericht Potsdam bereits festgestellt, dass auch bei der Besetzung von Spitzenpositionen im Landesrechnungshof das im Grundgesetz geregelte „Prinzip der Bestenauslese“ gelten müsse, weil Präsident und Direktoren keine politischen Amtsträger seien. Das bedeutet, dass ein maßgeblich politisch motiviertes Besetzungsverfahren, wie es die SPD ohne Ausschreibung durchsetzen will, nicht statthaft ist. Fragwürdig ist auch, dass man sich für eine „Paketlösung“, die alle drei Parteien befriedigt, entschieden hat, noch bevor die bisher 12 Bewerber für Präsidentenamt und Direktorenstellen überhaupt vom Haushaltskontrollausschuss angehört worden sind.

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