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Brandenburg: Körting verteidigt Einsatztaktik der Feuerwehr

Viele offene Fragen / Innenausschuss berät über Konsequenzen der Brandkatastrophe

Viele offene Fragen / Innenausschuss berät über Konsequenzen der Brandkatastrophe Berlin - Eine Woche nach der Brandkatastrophe in Berlin-Moabit sind noch viele Fragen offen. Im parlamentarischen Innenausschuss wurde gestern insbesondere darüber diskutiert, wie es zu der großen Zahl von Todesopfern kommen konnte, obwohl das Feuer bereits nach fünf Minuten gelöscht war. Zugleich ging es um mögliche Konsequenzen. Bei dem Brand in einem vorwiegend von Ausländern bewohnten Haus waren neun Menschen ums Leben gekommen, darunter fünf Kinder. Hausbewohner hatten den Einsatzkräften vorgeworfen, die Hilferufe verzweifelter Menschen auf Balkons ignoriert zu haben. Angesichts der vielen Opfer könne man nicht zur Tagesordnung übergehen, betonte Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Es müsse die Frage gestellt werden, was schief gelaufen sei und warum die Feuerwehr auf die Panik „nicht adäquat“ reagiert habe. Dagegen warnte der FDP-Abgeordnete Alexander Ritzmann davor, das Thema für den Wahlkampf zu missbrauchen. Vorwürfe gegen die Feuerwehr sollten erst erhoben werden, wenn die Vorgänge genau geprüft seien. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verteidigte erneut die Einsatztaktik der Feuerwehr. Nach bisherigem Erkenntnisstand habe er „überhaupt keinen Zweifel, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen“ hervorragende Arbeit geleistet habe, sagte er. Allerdings räumte der Senator ein, dass es nichts gebe, „was man nicht besser machen kann“. So wolle er mit Feuerwehr und Polizei beraten, ob künftig ein spezieller Ansprechpartner für Betroffene in Paniksituationen eingesetzt werden könne. In diesem Bereich sehe er „Diskussionsbedarf“. Auch Feuerwehr-Chef Albrecht Broemme wies nochmals Vorwürfe zurück, wonach sich die Einsatzkräfte falsch verhalten hätten. Das entspreche nicht den Tatsachen. Die anfängliche Konzentration auf die Brandlöschung sei richtig gewesen, weil die Mieter auf Balkons nicht in unmittelbarer Gefahr gewesen seien. Eine Ursache für die hohe Opferzahl sieht Broemme in „großen Kommunikationsproblemen“ zwischen Rettungsmannschaften und Betroffenen. Möglicherweise seien die Verhaltenshinweise über Megaphon in der Stresssituation von den Menschen nicht wahrgenommen worden. Weiter unklar ist nach Angaben Broemmes, ob die im verqualmten Treppenhaus gefundenen Menschen bereits vor Eintreffen der Feuerwehr ihre Wohnungen verlassen hatten. Angaben zum genauen Todeszeitpunkt müsse die Obduktion ergeben. Indirekt äußerte Broemme jedoch Kritik am Sparkurs des Senats. Wenn die Feuerwehr mehr Personal hätte, wären zusätzliche Maßnahmen möglich gewesen, sagte er. Weitgehend einig waren sich die Fraktionen in der Forderung nach stärkerer Prävention. Die CDU sprach sich – wie die Feuerwehr – für eine gesetzliche Pflicht zum Einbau von Rauchmeldern in Wohnhäusern aus. Broemme regte zudem an, mehrsprachige Merkblätter zum richtigen Verhalten bei Bränden an die Haushalte zu verteilen. Auch ein Fernsehspot zum Beispiel in türkischer Sprache wäre sinnvoll. Zur Finanzierung derartiger Aktionen sollten private Hausbesitzer und Wohnungsbaugesellschaften mit ins Boot geholt werden, wurde von Abgeordneten der Koalition vorgeschlagen. Die Aufklärung der Brandkatastrophe läuft indes weiter auf Hochtouren. Ermittelt wird wegen Brandstiftung mit Todesfolge. Die Feuerwehr geht davon aus, dass im Haus abgestellte Kinderwagen angezündet wurden. Zum Stand der Ermittlungen machte Körting unter Hinweis auf das laufende Verfahren keine Angaben. Broemme kündigte mit Blick auf die zahlreichen Kinderwagen-Brände, von denen es in diesem Jahr bereits über 30 in Berlin gegeben habe, Gespräche mit den Herstellern an. Hintergrund sei, dass von den aus leicht entflammbarem Kunststoff bestehenden Kinderwagen nach einer Kokelei innerhalb von wenigen Minuten ein „erstaunliches Feuerinferno“ ausgehen könne. Bei einem weniger schnell entzündbaren Material wäre diese Gefahr aus Sicht der Feuerwehr zumindest eingedämmt.

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