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Brandenburg: Lähmende Steuerpläne

In Brandenburgs wächst die Kritik an den Plänen des Bundes, Biodiesel früher zu besteuern / Die Mark ist Bundesweit Hauptproduzent des alternativen Kraftstoffes / Hersteller beklagen mangelnde Planungssicherheit

Potsdam - Bei Brandenburgs Biodieselproduzenten herrscht Verunsicherung. Seit bekannt wurde, dass das Bundesfinanzministerium noch in diesem Jahr erstmals auch eine Steuer für Biokraftstoffe einführen will, treibt der Blick in die Zukunft der Branche die Sorgenfalten auf die Stirn. Groß ist die Befürchtung, dass mit den geplanten zehn bis 15 Cent pro Liter bereits ab August der kurze Siegeszug des Biodiesels ein jähes Ende finden könnte. Der Preisvorteil gegenüber herkömmlichem Dieselkraftstoff könnte dahin geschmolzen sein und damit ein für Brandenburg zunehmend lukrativer Markt zum Erliegen kommen.

„Eigentlich wollten wir unsere Produktion noch erweitern. Aber hinter dem Investitionsvorhaben steht nun ein Fragezeichen“, sagt Helmut Harms-Ensink, Mitgeschäftsführer der Biodiesel Kyritz GmbH. Rund 30 000 Tonnen Biodiesel stellt das Unternehmen im Nordwesten Brandenburgs jährlich her. Etwa 17 Millionen Euro wurden in den Standort investiert. Heute beschäftigt der Biodieselproduzent am Standort Kyritz im Landkreis Ostprignitz-Ruppin 30 Mitarbeiter. Doch nun sind dunkle Wolken am Himmel über der Raffinerie aufgezogen. „Wir haben große Sorgen“, räumt Harms-Ensink ein. Zum einen wegen der Höhe des angesetzten Steuersatzes, zum anderen, weil die Zeit bis August knapp sei. „Sowohl beim Ankauf von Raps, aber auch beim Verkauf des Diesels wird langfristig geplant“, erläutert der Geschäftsführer. Und Verträge müssten zu den Konditionen erfüllt werden, wie sie bei Geschäftsabschluss vorlagen. Derzeit allerdings werden gar keine Verträge ausgehandelt bei der Biodiesel Kyritz GmbH. „Uns fehlt einfach die Planungssicherheit“, sagt Helmut Harms-Ensink.

Die Ungewissheit bereitet auch Karl-Hermann Thürkow, Geschäftsführer der Biowerk Kleisthöhe GmbH aus der Uckermark, Sorgen. „Wir sind sehr, sehr verunsichert.“ Erst sei viel Geld in die Hand genommen worden um den Markt aufzubauen und nun könnte durch die vorzeitige Besteuerung alles abgewürgt werden. „Damit wäre die Attraktivität von Biodiesel voll weg“, glaubt Thürkow.

Seit 2003 produziert die Biowerk Kleisthöhe GmbH bereits Biodiesel in der Uckermark. Mit rund 5000 Tonnen pro Jahr und derzeit sechs Mitarbeitern und einem Auszubildenden zählt das Unternehmen zu den kleineren der insgesamt sechs Herstellern in Brandenburg. Mehrere Millionen seien investiert worden, so der Geschäftsführer. Weitere Schritt müssten nun aber neu durchdacht werden.

Wie bei der Kyritzer Raffinerie, so zählen auch bei Thürkow Speditionen zu den wichtigsten Abnehmern. Im Vertrauen auf Rechtssicherheit haben viele Fuhrunternehmer in der Vergangenheit aus Kostengründen ihre Lkw-Flotten auf Biodiesel umgerüstet, sagt Gerd Bretschneider von der Fuhrgewerbe-Innung Berlin-Brandenburg. Dadurch seien den Spediteuren bereits Kosten entstanden. Wenn der Liter Biodiesel demnächst genau so teuer werde wie herkömmlicher Diesel, werde der Biokraftstoff sogar zum Verlustgeschäft, da der Verbrauch etwas höher liege. Vor diesem Hintergrund sei das Vorziehen der Steuer in der Höhe „eine Sauerei“.

Unterstützung erhalten die Produzenten zunehmend auch aus der Landespolitik und von Unternehmerverbänden. So vom brandenburgischen Landwirtschaftsministerium: Noch hätten sich Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen auf dem Markt nicht voll durchgesetzt, mahnt Sprecher Jens-Uwe Schade. Zudem müsse die Diskussion auch in anderen Bereichen als nur bei den Finanzen geführt werden. Fast ausschließlich durch erneuerbare Energien könnten neue Arbeitsplätze im ländlichen Raum entstehen. „Wenn es schief geht, weil es mit dem Absatz nicht mehr funktioniert, ist Brandenburg besonders betroffen.“

Aus Sorge um den Produktionsstandort hat sich ist die CDU-Landtagsfraktion ist gegen die Besteuerungspläne des Bundesfinanzministeriums. Brandenburg sei mittlerweile ein wichtiger Produktionsstandort für diese Energieform, sagte Fraktionschef Thomas Lunacek. Gegen die Biodiesel-Besteuerung ist auch der Verband Verkehr und Logistik (VVL) Berlin und Brandenburg. Dies zeige einmal mehr, wie „fahrlässig Deutschland mit den Interessen des eigenen Verkehrsgewerbes umgeht“, so Geschäftsführer Gerhard Ostwald. Die EU habe dagegen der Steuerbefreiung für Biokraftstoffe bis 2009 zugestimmt.

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