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Brandenburg: Land schuldet den Alleen 6231 Bäume

Verkehrsministerium räumt „ein Defizit“ bei Nachpflanzungen ein / Protest von Baumschützern

Potsdam - Noch vor Weihnachten wird im Land Brandenburg der 5000. Alleebaum in diesem Jahr nachgepflanzt. Dies kündigte gestern Petra Dribbisch, Sprecherin des Verkehrsministeriums, auf PNN-Anfrage an. Dessen ungeachtet räumte sie „ein Defizit“ bei Nachpflanzungen gefällter Alleebäume im Land ein. Der entsprechende Alleen-Erlass der Landesregierung sei nicht voll umgesetzt worden. Sie bestätigte damit die gestern an das Land gerichtete Kritik der „Schutzgemeinschaft Brandenburger Alleen“, wonach seit dem Jahr 2000, in dem der Alleen-Erlass erging, genau 6231 Bäume zu wenig nachgepflanzt wurden. Der Erlass verpflichtet das Land, jeden gefällten Baum durch einen neuen zu ersetzten.

Fünf Jahre Alleen-Erlass nahm die Schutzgemeinschaft Brandenburger Alleen gestern zum Anlass, gegen das Verschwinden der Alleebäume zu protestieren. An der Bundesstraße 273 auf der Höhe des „Kleinen Heinebergs“ in Potsdam-Bornim füllten etwa zwei dutzend Aktivisten mehrerer in der Schutzgemeinschaft zusammengefasster Umweltorganisationen symbolisch eine klaffende Alleenlücke auf. Dort, wo nach Aussage von Silke Friemel, Bund für Umwelt- und Naturschutz Brandenburg, bis zur Wende noch beidseitig der Straße Bäume standen, ist dies jetzt nur noch auf einer Seite der Fall. Mit rindengeschwärzten Gesichtern und Blätterkronen auf dem Kopf versuchten die zumeist jugendlichen Naturschützer Autofahrer auf die Baumlücke aufmerksam zu machen.

Nach Angaben der Schutzgemeinschaft wurde an den Landes- und Bundesstraßen Brandenburgs in den Jahren 2001 bis 2004 genau 18 964 Alleebäume gefällt und nur 12 733 neu gepflanzt. Noch schlimmer sei die Situation der Straßenbäume, also von Bäumen, die einzeln oder in bereits sehr lückenhaften Alleen stehen. Von ihnen wurden allein im vergangenen Jahr 11235 gefällt und lediglich 4644 neu gepflanzt. „Fünf Jahre Alleen-Erlass – aber die Alleen haben keinen Grund zum feiern“, meint Silke Friemel. Wolfgang Mädlow vom Naturschutzbund Brandenburg (Nabu), sagte, „die Alleen sind in Auflösung begriffen“. Selbst wenn für jeden gefällten Baum einer nachgepflanzt würde, wäre der schleichende Verlust nicht aufzuhalten. Nicht jeder nachgepflanzte Baum wachse an. Mädlow verweist auf das Land Mecklenburg-Vorpommern, wo jeder Alleebaum je nach Alter durch bis zu drei junge Bäume zu ersetzen sei. Als Grund für das Alleesterben nannte er im Winter eingesetzte Tausalze. Auch würden die Bäume oft nicht fachgerecht beschnitten. In den 90er Jahren seien dafür nicht Fachleute sondern Arbeitslose in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) eingesetzt worden. Alleen sind touristisch bedeutsam und tragen zur brandenburgischen Identität bei, wirbt Mädlow für die Alleen. Zur Finanzierung von Neupflanzungen schlägt er einen Alleenschutzfonds vor.

Wie die Ministeriumssprecherin erklärte, würden die Neupflanzungen aus denselben Töpfen bezahlt wie Straßeninstandhaltungen. Da die Verkehrssicherheit oberste Priorität habe, hätten die Bäume das Nachsehen. Sie erklärte, dass gegenwärtig im Ministerium die Einrichtung eines Alleenschutzfonds diskutiert werde. Als weitere Möglichkeit des künftig intensiveren Alleenschutzes nannte sie die Verwendung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zugunsten der historischen märkischen Baumreihen.

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