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Brandenburg: Landeskriminalamt: "Wir kriegen das Phänomen nicht in den Griff"

Die Polizei hat im ersten Halbjahr weit mehr rechte Straftaten registriert, als bislang bekannt gegeben wurde. Dem Landeskriminalamt seien rund 1240 rechte Delikte gemeldet worden, sagte am Montag der Leiter der Behörde, Axel Lüdders, bei einer Tagung in der Fachhhochschule der Brandenburger Polizei in Basdorf.

Von Frank Jansen

Die Polizei hat im ersten Halbjahr weit mehr rechte Straftaten registriert, als bislang bekannt gegeben wurde. Dem Landeskriminalamt seien rund 1240 rechte Delikte gemeldet worden, sagte am Montag der Leiter der Behörde, Axel Lüdders, bei einer Tagung in der Fachhhochschule der Brandenburger Polizei in Basdorf. "Wir bekommen das Phänomen nicht in den Griff", meinte Lüdders. Ende August hatte die Bundesregierung mitgeteilt, im ersten Halbjahr seien in Brandenburg 865 rechte Taten festgestellt worden. Der Staatssekretär im Landesinnenministerium, Eike Lancelle, hatte einen Monat zuvor nur von 195 rechten Delikten gesprochen.

Welche Probleme das Ministerium mit den Zahlen hat, wurde auch am Rande der Tagung deutlich. Bei einer Pressekonferenz nannte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) keine aktuellen Daten zu rechten Straftaten - obwohl anschließend LKA-Chef Lüdders auf der Tagung die Zahlen vortrug. Der Minister hörte sie nicht, weil er vorzeitig abreisen musste. Schönbohm hatte sich bei dem Pressegespräch auch geweigert, die Differenz zwischen den niedrigen Zahlen des Staatssekretärs von Ende Juli und den von der Bundesregierung Ende August mitgeteilten, auch schon deutlich höheren Daten zu erklären. Auf Fragen reagierte der Minister barsch: "Es gibt Zahlensalat und Definitionssalat. Dazu machen wir eine eigene Pressekonferenz".

Die enormen Differenzen zwischen den Brandenburger Zahlen rechter Kriminalität, die seit sieben Wochen präsentiert wurden, sind nur teilweise verständlich. Lancelle hatte Ende Juli bei einer Pressekonferenz Daten vorgelegt, die nach einer alten, überholten Zählweise erhoben worden waren. Bei dieser wurden zahlreiche Taten, zum Beispiel von Kindern verübte Hakenkreuz-Schmierereien, nicht als Staatsschutzdelikte gewertet. Lancelles Präsentation stieß auf Kritik, denn schon im Mai hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern auf ein neues Erfassungssystem geeinigt. Hierbeiwird unter dem Oberbegriff "Politisch motivierte Kriminalität" jedes rechte Delikt als politische Straftat gezählt, auch wenn die Motivation eines Täters nicht klar ist.

Lüdders fächerte denn auch die aktuelle Zahl von rund 1240 rechten Delikten (mit 45 Gewalttaten) auf: 536 Straftaten, die von Januar bis Ende Juni registriert wurden, gelten als eindeutig rechts motiviert. Bei mehr als 700 Delikten, wie zum Beispiel Hakenkreuz-Schmierereien ohne ermittelte Täter, sei eine "explizite politische Motivation" nicht zu erkennen - dennoch werden sie als rechte Taten geführt. Der LKA-Chef betonte, mit polizeilichen Mitteln allein werde es nicht gelingen, rechte Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus "zu eliminieren". Die Mehrheit der Bevölkerung müsse "zu aktivem Widerstand" ermuntert werden. Die Zahl der linken Delikte nannte Lüdders auch: Im ersten Halbjahr stellte die Polizei rund 40 fest, darunter zehn Gewalttaten.

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