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Brandenburg: Lückenschließung und Strukturpolitik

Brandenburger Agrarministerium sieht Rechtsmittel gegen Neubauern-Urteil zwiespältig

Brandenburger Agrarministerium sieht Rechtsmittel gegen Neubauern-Urteil zwiespältig Potsdam (dpa/PNN). Das Brandenburger Agrarministerium sieht sich nach dem Vorgehen der Bundesregierung gegen das Straßburger Urteil zur Enteignung ehemaliger DDR-Bauern im Zwiespalt. „Einerseits sind die Gründe des Bundes nachvollziehbar. Zu begrüßen ist grundsätzlich, dass auf diese Weise Rechtssicherheit für beide Seiten erreicht wird“, sagte Sprecher Jens-Uwe Schade am Mittwoch in Potsdam. „Auch wir wollen nicht, dass auf dem Weg über das Straßburger Urteil die Frage der Alteigentümer und die Rücknahme der Bodenreform neu aufgeworfen wird.“ Zugleich gebe es aber unter den Betroffenen zahlreiche Fälle, bei denen die Rücknahme des Bodens wie eine unberechtigte Enteignung wirke. Aus der Staatskanzlei hieß es nur, die Landesregierung nehme die Entscheidung der Bundesregierung zur Kenntnis. Diese hat, wie das Bundesjustizministerium in Berlin am Mittwoch mitteilte, Rechtsmittel gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eingelegt. Die Richter hatten am 22. Januar entschieden, dass das deutsche Enteignungsgesetz von 1992 gegen die Menschenrechte verstoßen habe. Damit drohen Bund und Ländern Entschädigungskosten in Milliardenhöhe. Die Bundesregierung will nun wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils für die Frage der Bodenreform in der DDR eine letztinstanzliche Entscheidung erreichen. Ministeriumssprecher Schade betonte, für das Land sei es bei den enteigneten Flächen keinesfalls um eine Sanierung des Landeshaushalts gegangen, sondern um Lückenschließung und Strukturpolitik. Das Spektrum der von der Enteignung Betroffenen reiche von wirklich Bedürftigen bis zu Begüterten, die kein Verhältnis zur Landwirtschaft hätten. Agrarminister Wolfgang Birthler (SPD) hatte sich für einen Verzicht von Rechtsmitteln gegen das Straßburger Urteil ausgesprochen. Strittig ist die Enteignung von rund 70 000 Grundstücken mit insgesamt rund 100 000 Hektar. Der Fehler des Gesetzgebers war nach Ansicht des Straßburger Gerichts, dass das Gesetz keine Entschädigung für die eingezogenen Flächen vorsah. Diese gehören heute größtenteils den ostdeutschen Ländern. In der Auseinandersetzung geht es um die Enteignung von Immobilien, die bei der Bodenreform nach 1949 in der DDR an Bauern und Flüchtlinge – so genannte Neubauern – verteilt worden waren. Bedingung war nach Angaben der Bundesregierung, dass die Neubauern die Grundstücke tatsächlich zur Landwirtschaft nutzen.

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