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Moses-Mendelssohn-Zentrum prüft alte Fälle: Mehr rechtsextreme Gewalttaten

Forscher prüfen 32 mögliche rechtsextreme Gewalttaten in Brandenburg. Schon jetzt ist klar: Bei einem Teil der Fälle werden sie ein rechtsextremes Tatmotiv finden.

Potsdam - Zivilgesellschaftliche Initiativen haben die Bemühungen Brandenburgs zur Aufklärung bislang unbekannter rechter Gewalttaten begrüßt. Die langjährige Vorsitzende des brandenburgischen Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus, Heilgard Asmus, sagte am Montag in Potsdam dem Evangelischen Pressedienst (epd), sie sei froh darüber, dass Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) den von ihm als Innenminister begonnen Aufklärungswillen fortsetze.

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Das Moses-Mendelssohn-Zentrum in Potsdam prüft nach eigenen Angaben derzeit 32 Fälle möglicher rechtsextremer Gewalttaten in Brandenburg, die bislang nicht in der offiziellen Statistik erfasst sind. "Wir können jetzt schon sagen, dass wir bei einem Teil der Fälle zu der Bewertung kommen werden, dass hier ein rassistisches oder rechtsextremes Tatmotiv vorgelegen hat", sagte Projektleiter Christoph Kopke auf epd-Anfrage. Die Einschätzung von Ministerpräsident Woidke, dass die Zahl der Gewalttaten höher sei als zuvor angenommen, treffe zu.

Woidke hatte am Wochenende in einem Gespräch mit dem epd deutlich gemacht, dass nach seiner Überzeugung mehr Gewalt- und auch Tötungsdelikte auf das Konto von Rechtsextremen gehen, als es die amtliche Statistik ausweist. In der Vergangenheit hätten bei der Einordnung von Kriminalfällen rechtsextremistische Hintergründe "teilweise nicht so im Fokus gestanden, wie sie hätten stehen müssen". Nötig sei aber Klarheit darüber, wieviel menschliches Leid Rechtsextremismus in Brandenburg schon angerichtet habe.

Politikwissenschaftler Kopke sagte, bei der Unterstützung von Opfern rechter Gewalt nehme Brandenburg mit der Förderung des Vereins Opferperspektive, der sehr kritisch mit dem Thema umgehe, im Vergleich zu anderen ostdeutschen Ländern "eine herausragende Stellung ein". Dies gebe es nicht in allen Bundesländern. Zudem fördere das Land seit mittlerweile 15 Jahren mit dem Konzept "Tolerantes Brandenburg" das Engagement gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, betonte Kopke. Dadurch sei eine Vielfalt staatlicher und zivilgesellschaftlicher Antworten auf die Probleme entstanden.

In anderen ostdeutschen Bundesländern würden Initiativen gegen Rechtsextremismus und Opferberatungsstellen häufig immer noch als "Nestbeschmutzer" angesehen und behandelt, sagte der Wissenschaftler. Auch Westdeutschland sei in der Hinsicht zum Teil noch "Entwicklungsland", obwohl dort in verschiedenen Regionen sehr große Probleme mit Rechtsextremen bestünden. Dort bestehe bei der Förderung von Gegenmaßnahmen großer Nachholbedarf.

Die evangelische Generalsuperintendentin Asmus würdigte ebenfalls die Bemühungen um die Aufklärung bislang unbekannter rechter Gewalttaten. Um dem Leid der Opfer zu begegnen, müssten auch die Opferberatungsstellen finanziell gestärkt sowie deren Erkenntnisse und Einschätzungen berücksichtigt werden. Das Aktionsbündnis habe bereits 2012 das Land Brandenburg öffentlich aufgefordert, die von Journalisten recherchierten Opferzahlen ernst zu nehmen und Taten erneut zu prüfen. Das märkische Innenministerium hatte daraufhin vor einigen Monaten das Moses-Mendelssohn-Zentrum in Potsdam mit einem Forschungsprojekt zu Opfern rechter Gewalt beauftragt. (epd)

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