zum Hauptinhalt

Brandenburg: „Merkel hält die Balance derzeit nicht“ Fraktionsvize Ludwig über ihre Kanzler-Kritik

In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung haben Sie und die CDU-Fraktionschefs aus Hessen, Thüringen und Sachsen bemängelt, die CDU sei im Wahlkampf und danach zu weich aufgetreten, sei nicht aggressiv genug, die Botschaften seien zu weich, das Profil zu unklar. Was muss schärfer werden, was soll sich aus Ihrer Sicht ändern?

In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung haben Sie und die CDU-Fraktionschefs aus Hessen, Thüringen und Sachsen bemängelt, die CDU sei im Wahlkampf und danach zu weich aufgetreten, sei nicht aggressiv genug, die Botschaften seien zu weich, das Profil zu unklar. Was muss schärfer werden, was soll sich aus Ihrer Sicht ändern?

Die CDU hat Grundsätze, die wir in den einzelnen Politikfeldern wiederfinden müssen. Zum Beispiel beim Thema Bildung. Zur Bildung gehört das Thema Erziehung und die Ausprägung positiver Werte und Eigenschaften, die für das gesellschaftliche Zusammenleben und das Berufsleben wichtig sind. Zweites Beispiel: Das Thema Arbeit: Es geht uns um die gerechte Verteilung des Erarbeiteten und der damit verbunden Anerkennung der Leistung jedes Einzelnen. Und nicht um die immer größer werdende Umverteilung oder gar Enteignung des Erarbeiteten. Solidarität ist ein Grundwert. Mit größerer Umverteilung schaffen wir keine größere Zufriedenheit. Zufriedenheit entsteht unter anderem im Stolz auf die eigenen Leistungen. Und damit meine ich nicht das persönliche Definieren über Geld, wie es uns die Gewerkschaftsvertreter erzählen wollen. Dieses monetäre Weltbild schadet uns allen, was wir in der jüngsten Vergangenheit auf erschreckende Weise erleben mussten.

Glauben Sie, dass Frau Merkel der Typ ist, der mit klar abgrenzenden, klarkonservativen Thesen auftreten kann – und will?

Ich kenne niemanden, der das von ihr fordert. Die Kanzlerin muss aber als Chefin einer großen Volkspartei die Balance zwischen konservativen Kernthemen und Multikulti-Wohlfühlthemen halten. Diese Ausgewogenheit ist im Moment nicht erkennbar.

Brandenburgs ehemaliger CDU-Chef und Ex-Innenminister Jörg Schönbohm galt in der Bundes-CDU als einer der letzten bekennend Konservativen. Er bemängelt seit Jahren, dass die CDU den konservativen Flügel vernachlässigt und dort auf Dauer Stammwähler verlieren wird. Warum erst jetzt ihre Kritik am mangelnden konservativen Auftreten der CDU?

Jörg Schönbohm wurde über ein Jahrzehnt als das Flaggschiff der Konservativen wahrgenommen. Mit seinen vom Zeitgeist unabhängigen Ansätzen stand er jedoch nie alleine da. Das Bedürfnis nach Orientierung, eben nach Werten wie zum Beispiel Heimatverbundenheit oder Familie, ist aber gerade bei jüngeren Leuten stärker vorhanden, als es noch bei ihrer Elterngeneration der Fall war. Vor Adenauer haben sie mehr Respekt, als vor Alice Schwarzer!

In Brandenburgs CDU muss man klassisch Konservative mit der Lupe suchen – Schönbohm war der einzige wahrnehmbare Konservative. Jetzt ist er in den politischen Ruhestand gegangen. Wenn die CDU zu wenig konservatives Profil hat, dann doch wohl in Brandenburg...

und gerade deshalb hat sich auch Brandenburg zu Wort gemeldet. Als eines der neuen Bundesländer können wir die inhaltlichen Auseinandersetzungen führen, die manch einem der alten Bundesländer schwerer fällt. Zukunft heißt für mich, aus der Vergangenheit zu lernen.

Die Fragen stellte Peter Tiede

Saskia Ludwig (früher Funck), 41, aus Werder/Havel ist Vizechefin der märkischen CDU-Landtagsfraktion und Mitgeschäftsführerin eines Familienunternehmens.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false