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Brandenburg: Nationalpark wird zum Freizeitpark

Naturschützer bezeichnen das geplante neue Nationalparkgesetz als „Etikettenschwindel“

Potsdam - Als „Etikettenschwindel“ haben Naturschützer das geplante neue Nationalparkgesetz bezeichnet. Der jetzt vom Kabinett vorgelegte Entwurf degradiere den 1995 gegründeten Nationalpark „Unteres Odertal“ zu einem reinen Freizeitpark, rügte der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes NABU, Tom Kirschey. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gebe auf, was er 1995 als erster Umweltminister Brandenburgs gegen heftige Widerstände durchgesetzt habe, kritisierte der Vorsitzende des Fördervereins für den Nationalpark, Thomas Berg. Brandenburg verabschiede sich damit von einem „ernst zunehmenden Naturschutz“.

Die Kritik von NABU und Förderverein konzentriert sich auf zwei wesentliche Punkte: Erstens will die Landesregierung das 1995 beschlossene Ziel, bis 2010 rund 5000 Hektar und damit Hälfte des Nationalparks als Totalreservat auszuweisen, aufgeben. Das ist jedoch die Mindest-Voraussetzung für einen international anerkannten Nationalpark. Derzeit sind rund 3000 Hektar der Nationalpark-Fläche Totalreservat, in den letzten zehn Jahren kamen allerdings nur 222 Hektar hinzu. Die Naturschützer befürchten, dass die Verwaltung jetzt gar keine Flächen mehr zur Wildnis erklären wird. Auch das Bundesumweltministerium sieht die Potsdamer Pläne offenbar kritisch: Es sei „zumindest fraglich“, ob der Verzicht auf jede Zeitfestlegung „den nationalen und internationalen Ansprüchen an den optimalen Schutz der Kernbereiche des Nationalparks entspricht“, heißt es in einer Stellungnahme.

Zweitens lehnen die Naturschutzverbände die im Gesetzentwurf vorgesehenen erweiterten Nutzungsmöglichkeiten zum Beispiel für Wassersport ab. Dies sei ein „unnötig schwerer Eingriff“ angesichts der zahlreichen Wassersportmöglichkeiten im Land, erklärten sie. Auch das Bundesumweltministerium hat nach Angaben der Naturschützer gewarnt, dass eine Senkung der Standards „nicht dem verfolgten Schutzgebietszweck“ und den speziellen Fördervorgaben entspreche. Die Naturschutzverbände betonten, dass der Bund grundsätzlich die Rückzahlung von reichlich geflossenen Fördermitteln verlangen könne: „Ein Nationalpark, der keiner mehr ist, verdient auch keine Unterstützung mehr.“

Ein Schlaglicht auf die aktuelle Situation im Nationalpark wirft nach Ansicht der Naturschutzverbände folgender Vorgang: Obwohl in Deutschland äußerst seltene Seeschwalbenarten in größerer Anzahl im Fiddichower Polder (Polder 10) brüten, werde das Wasser künstlich abgepumpt. Damit trockneten die bisher feuchten Brutplätze aus und würden von den Seeschwalben aufgegeben. „Und das geschieht mitten im Herzstück des einzigen brandenburgischen Nationalparks, mit Umweltministerium verwalteten Steuergeldern, damit die wenigen dort noch wirtschaftenden Landwirte keine nassen Füße bekommen.“ Die Naturschützer forderten, das Abpumpen sofort zu stoppen.

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