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Brandenburg: Ratlosigkeit in Gröden

NPD erzielt in südbrandenburgischen Ort bestes Wahlergebnis im Land

NPD erzielt in südbrandenburgischen Ort bestes Wahlergebnis im Land Gröden - Im Zentrum des historischen Kerns von Gröden im Elbe-Elster-Kreis steht die Martinskirche. Häuser drängen sich an der Dorfstraße zusammen, mehrere Einzelgebäude bilden einen typisch fränkischen Dreiseitenhof. Auf dem Kirchhof spenden große alte Bäume Schatten. Das Unterdorf der Gemeinde mit 1642 Einwohnern ist hübsch und sauber. Die Szenerie wird nur gestört von Wahlplakaten der rechtsextremistischen NPD. Sie hängen noch, obwohl die Bundestagswahl bereits Vergangenheit ist. Die wüsten, ausländerfeindlichen Parolen auf den Plakaten wollen eigentlich gar nicht zur Ruhe des Ortes passen. Und doch: In Gröden schnitt die NPD bei der Bundestagswahl am Sonntag mit 14,1 Prozent der Zweitstimmen brandenburgweit am besten ab. Der Ort gehört wie Großthiemig, Hirschfeld und Merzdorf zum Amt Schradenland. Das wiederum liegt im Wahlkreis 65. Dort bekam die NPD mit insgesamt fünf Prozent der Stimmen das beste Ergebnis in der Mark. SPD und Grüne kamen im Wahlkreis 65 auf ihr landesweit jeweils schlechtestes, die CDU auf ihr bestes Zweitstimmenresultat. Dem Wahlergebnis der NPD schickt eine alte Frau mit schlohweißem Haar, die gerade aus dem Supermarkt am Ortsausgang von Gröden kommt, ein „Oh mein Gott“ hinterher. Sie schüttelt den Kopf, nur Protestwähler könnten für die NPD gestimmt haben. Aber eigentlich kennt die Frau die Gründe für das Wahlergebnis der Rechtsextremisten nicht. Ein Aufbegehren gegen die Rechtsextremisten gibt es weder in Gröden noch sonstwo im Schradenland. Dabei ist die Gegend für Brandenburgs rechtsextremistische Parteien nicht zum ersten Mal vergleichsweise ergiebig. Bei der Landtagswahl 2004 erzielte die DVU in der Kommune an der Grenze zu Sachsen 22,4 Prozent. Nur im benachbarten Hirschfeld erreichte die Partei mit 25,8 Prozent noch mehr Wählerstimmen. Bei der Bundestagswahl wählten 13,2 Prozent in Hirschfeld und 12,6 Prozent in Merzdorf die NPD. In Großthiemig waren es noch immer 8,1 Prozent. Landesweit landete die Partei bei 3,2 Prozent. Die Region Elbe-Elster/Oberspreewald-Lausitz sei ein Kerngebiet der Rechtsextremisten, erklärt Dirk Wilking vom Mobilen Beratungsteam (MBT) in Cottbus. Der Wahlkreis 65 sei deshalb im Wahlkampf ein Schwerpunktgebiet für die NPD gewesen. Die DVU war nicht zur Wahl angetreten. Für das Abschneiden der NPD hat die Amtsdirektorin des Schradenlands, Christa Schliebe (CDU), „keine logische Erklärung“. So gebe es im Schradenland trotz einer Arbeitslosigkeit von etwa 20 Prozent keine auffälligen sozialen Probleme. Die zum Amt zählenden Gemeinden seien „Durchschnittsdörfer“. Schliebe vermutet, dass Neonazis aus Sachsen, wo NPD-Abgeordnete im Landtag sitzen, Teile der Bevölkerung beeinflussen. Nur zwei bis vier Prozent der NPD-Wähler im Amtsbezirk zähle sie zum „harten Kern“, der Rest seien Mitläufer, sagt Schliebe. Doch zu fassen bekomme man niemanden. Als „Protestwähler“ bezeichnet auch Grödens ehrenamtlicher Bürgermeister Claus Voigt (parteilos) die Urnengänger für die NPD. Ansonsten sei das Wahlergebnis „eigentlich kaum erklärbar“. Zwar falle an den Biertischen mal ein „böses Wort“ über Ausländer, erzählt Voigt. Doch das sei „keine Ausländerfeindlichkeit“. Er hat auch Frust über die hohe Arbeitslosigkeit und die geplante Schließung einer Grundschule in Gröden oder in Hirschfeld festgestellt. Doch der Ärger entlade sich nicht in Gewalt. In Gröden habe er bis auf die Plakate auch keinen NPD-Wahlkampf bemerkt. Erklärungen für das NPD-Bundestagswahlresultat im Süden Brandenburgs liefert dagegen Wilking. Dort gebe es eine „hohe Akzeptanz für NPD-Themen“. Zudem würden rechtsextremistische Aktivisten „nicht als solche benannt“.

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