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Brandenburg: Realistisch oder radikal

KOMMENTAR von Sandra Dassler

Bei den meisten Menschen kommt der Strom bekanntlich aus der Steckdose. Deshalb können sie auch so wohlfeil auf die Braunkohlekraftwerke in der Lausitz zeigen: „Die Dreckschleudern machen unser Klima kaputt!“ Das stimmt. Es stimmt aber auch, dass wir für einen kurzfristigen Ausstieg sowohl aus Kernkraft als auch aus Braunkohle auf mindestens zwei Drittel der derzeit benötigten Energie verzichten müssten. Das hieße, unser Leben radikal zu ändern, ganz zu schweigen von diversen Abhängigkeiten: Immer, wenn die Gaspipeline aus Russland mal wieder auszufallen droht, kommt von Politikern und Bürgern die vorsichtige Nachfrage nach den sogenannten heimischen Energieträgern.

Um nicht falsch verstanden zu werden – es ist wunderbar und gut, dass sich heute die Initiative gegen neue Tagebaue in der Lausitz gründet. Wunderbar, weil die von Abbaggerung bedrohten Menschen oft meinen, sie seien von der Ohnmacht gegen den Staatskonzern DDR in die Ohnmacht gegen den Weltkonzern Vattenfall geraten. Gut, weil auch Weltkonzerne nur gezwungenermaßen ihr Verhalten ändern. Vattenfall darf, so will es auch die auf einen vernünftigen Energiemix setzende Landesregierung, nur neue Tagebaue erschließen, wenn eine kohlendioxidarme Kraftwerkstechnik entwickelt wird. Und wenn es für die Betroffenen einen annehmbaren Ausgleich für den schmerzlichen Verlust von Heimat gibt.

Deshalb sollte die Auseinandersetzung um die Braunkohle nicht nur in der Lausitz mit weniger Radikalität und mehr Realitätssinn geführt werden. Das Ziel kann – noch – nicht „Totalausstieg“ heißen, sondern umweltfreundlichere Braunkohletechnologie, vor allem aber konsequente Förderung alternativer Energiegewinnung. Es sei denn, jeder von uns ist bereit, sein Leben sofort radikal zu ändern.

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