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Brandenburg: Richter: Mehr Staatsanwälte nötig

Juristenvereinigung: In Brandenburg fehlen Strafverfolger, Qualität reicht nicht, Jugendrichter überlastet

Potsdam - Brandenburgs Richterbund fordert von der Landesregierung die Einstellung von zusätzlichen Staatsanwälten. Die Staatsanwaltschaften im Land seien unterbesetzt, die Ermittlungen dauerten teils zu lange und könnten von den überlasteten Ermittlungsbehörden oft auch nicht mehr in der nötigen Qualität durchgeführt werden, sagte gestern der Vorsitzende des Richterbundes Brandenburg, Klaus-Christoph Clavée den PNN. Es reiche nicht, so Clavée, Vizepräsident des Landgerichtes Potsdam, dass in den kommenden Jahren keine Stellen bei den Staatsanwaltschaften gestrichen werden: „Wenn man will, dass etwa bei Hasskriminalität nicht nur schnell ermittelt wird, dass A den B geschlagen hat sondern dass auch noch herausgefunden wird, ob es sich um eine fremdenfeindliche Tat gehandelt hat, dann brauchen die Ermittlungsbehörden dafür mehr Zeit – und eben mehr Personal.“

Auch bei den Gerichten, besonders den Jugendrichtern sieht Clavèe eine falsche Entwicklung in Brandenburg. So sei in den vergangenen Jahren die Arbeitsbelastung der für Jugenddelikte zuständigen Richter enorm gestiegen: Bei den für die schweren Straftaten zuständigen Jugendschöffengerichten habe ein Richter noch vor wenigen Jahren statistisch 160 Fälle im Jahr verhandeln müssen, heute seien es 300 bis 350. Eine Steigerung um 100 Prozent habe es auch bei den für die leichteren Fälle zuständigen Jugendrichtern, die allein und ohne Schöffen verhandeln, gegeben – von 450 auf 900 Fälle je Richter und Jahr.

Die Politik könne nicht auf der einen Seite von den Gerichten verlangen, in den Verhandlungen erzieherisch und kreativ auf die jugendlichen Straftäter einzuwirken, und gleichzeitig die Arbeitsbelastung derart steigern. Schon bei den alten Fallpensen sei die Zeit, die die Richter für die jungen Angeklagten hatten, oft nicht ausreichend gewesen, um auch dem erzieherischen Gedanken, der das Jugend- vom Erwachsenenstrafrecht unterscheidet, genügend nachzukommen, so Clavée.

Das gegenwärtige Jugendstrafrecht, so der Chef des Richterbundes angesichts der von Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU) ausgelösten Debatte um junge Straftäter, biete genügend Sanktions- und Erziehungsmöglichkeiten, um wirksam auf die jungen Täter einzuwirken – „vorausgesetzt, die Gerichte haben auch die Zeit und das Personal dafür“. Statt dessen werde in Brandenburg im Justizbereich weiter Personal gekürzt.

Das Justizministerium widersprach gestern in diesem Zusammenhang auch der Darstellung des Finanzministeriums gegenüber den PNN, wonach in den kommenden Jahren – anders als in anderen Bereichen der Landesverwaltung bei Jugendrichtern und Staatsanwälten keine Stellen gestrichen werden. Thomas Melzer, Sprecher von Justizministerin Beate Blechinger (CDU), sagte den PNN, von diesem bis zum Jahr 2010 müssten in Brandenburg angesichts der Sparmaßnahmen im Justizbereich 403 Stellen gestrichen werden. 62 Stellen davon seien Richterstellen: 34 bei den Amts- und Landgerichten sowie beim Oberlandesgericht, zehn bei den Arbeitsgerichten und 18 bei den Verwaltungsgerichten. Nur bei den Sozialgerichten werden wegen der vielen Hartz IV-Klagen keine Richterstellen gestrichen.

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