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Brandenburg: Schlag gegen Drogenkartell

Hauptverhandlung gegen „XY-Bande“ beginnt heute

Hauptverhandlung gegen „XY-Bande“ beginnt heute Von Aliki Nassoufis Neuruppin - Der Schlag gegen das Drogenkartell gelang den Polizisten in den frühen Morgenstunden. In einer Großrazzia am 18. August 2004 durchsuchten 400 Beamte mehr als 50 Gebäude im gesamten Bundesgebiet. Was viele überraschte: Der Kern der mafiaähnlichen Bande saß und agierte in der beschaulichen Fontanestadt Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin). Von hier aus soll die „XY-Bande“ ihr Imperium aus Drogen, Prostitution, Bestechung und Erpressung aufgebaut haben. Das Landeskriminalamt geht davon aus, dass die Bande allein Kokain für insgesamt 1,3 Millionen Euro umgesetzt hat. Gegen neun Mitglieder der „XY-Bande“ beginnt heute nun die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Neuruppin. Den Männern im Alter von 30 bis 43 Jahren werden kriminelle Handlungen in einem für Brandenburg bisher kaum bekannten Ausmaß vorgeworfen. Sie sollen sich an der Bildung einer kriminellen Vereinigung beteiligt, mit Betäubungsmitteln gehandelt und unerlaubtes Glücksspiel betrieben haben. Ihren Namen erhielt die Bande, weil ihre Mitglieder auf den Nummernschildern ihrer teuren Autos hinter dem Ortskennzeichen die Buchstaben „XY“ führten. Der mutmaßliche Kopf der Bande, der 36-jährige Olaf Kamrath, baute seit 1997 sein kriminelles Imperium auf. In der Anklageschrift heißt es, Kamrath habe den Kokainhandel in Neuruppin organisiert und beherrscht. Außerdem soll er illegales Glücksspiel organisiert und ein Bordell betrieben haben. Bei einer Verurteilung droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe. Das Pikante dabei: Kamrath zog im Herbst 2003 für die CDU ins Stadtparlament und saß dort im Finanzausschuss. Kamraths Bande erhielt Unterstützung von verschiedenen Seiten. So half der damalige Leiter des Grundstückamtes beim Immobilienkauf. Er wurde bereits zu eineinhalb Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt. Außerdem soll ein Polizist vor Razzien gewarnt haben. Zeitweise wurde gegen rund 100 Personen ermittelt. Entscheidend könnte im Prozess die Aussage eines Kronzeugen sein. Der 37-Jährige war vergangenen Dezember zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte gestanden, im Auftrag Kamraths monatlich 20 000 Ecstasy-Pillen und ein Kilogramm Kokain angenommen und gestreckt zu haben. Die Ware habe er dann in eine Neuruppiner Kneipe gebracht und im Spülkasten der Damentoilette versteckt. Bei seiner Verhaftung hatte der 37-Jährige zunächst keinen der Hintermänner belastet. Dafür soll er von Kamrath 30 000 Euro Schweigegeld erhalten haben. Als er dann aber doch gegen die Bande aussagte, soll er im Gefängnis mehrfach bedroht worden sein. Er wurde deswegen ins Zeugenschutzprogramm der Justiz aufgenommen. Neben den hohen Sicherheitsvorkehrungen stellt die Anzahl der Angeklagten eine weitere Herausforderung für das Landgericht Neuruppin dar. „Wir haben nur fünf Vorführzellen, in denen sich die Männer vor den Verhandlungen und in den Pausen aufhalten können“, sagte Gerichtssprecher Frank Jüttner. Deswegen sei ein Container aufgestellt worden, in dem sich vier weitere Zellen befinden. „So können wir mehrere Angeklagte gleichzeitig einladen.“ Das Gericht hat bis zum 9. August 20 Verhandlungstage eingeplant. In der Zeit sollen 17 Zeugen angehört werden. Bisher ist unklar, wie lange der Prozess dauern wird. „Vielleicht werden die Urteile erst im nächsten Jahr gesprochen“, sagte Jüttner. „Wenn es schnell geht, könnten wir aber auch schon im August fertig sein.“

Aliki Nassoufis

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