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Brandenburg: Schulgewalt: Berliner Senat räumt Versäumnisse ein

Brandenburger SPD und Grüne rufen CDU in Debatte um Konsequenzen zur Mäßigung auf

Berlin - Berlins Schulsenator Klaus Böger (SPD) hat Versäumnisse seiner Verwaltung beim Umgang mit gewalttätigen Schülern eingeräumt. Die Schulaufsicht habe ihn über den Warnruf des Kollegiums der Neuköllner Rütli-Schule nicht rechtzeitig informiert, sagte Böger gestern.

Auch über den Überfall arabischstämmiger Schüler in der Charlottenburger Pommern-Schule sei er „nicht direkt“ informiert worden – wie bei sieben ähnlichen Fällen im vergangenen Jahr. Sie lagen „unterhalb der Schwelle, bei der ich direkt Kenntnis erhalte“, sagte der Schulsenator. Er wies jedoch die Kritik zurück, er verharmlose die Probleme. „Ich vertusche keine schlimmen Zustände.“ Im vergangenen Schuljahr sind laut Böger insgesamt 849 Gewaltfälle in Berlin gemeldet worden.

Berlins Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) appellierte an Jugendämter, Schulen, Eltern, Nachbarn und Schüler, die Justiz von Gewalttaten früher in Kenntnis zu setzen. Das Familiengericht könne gegen gewalttätige Jugendliche oder deren Eltern vorgehen, sagte Schubert. Dafür sei es aber wichtig , „dass das Familiengericht frühzeitig über Fehlentwicklungen des Jugendlichen informiert wird“.

Unterdessen wandte sich eine weitere Berliner Schule mit einem Hilferuf an die Öffentlichkeit. Die Charlottenburger Oppenheim-Oberschule hatte bereits vor einem halben Jahr Schulsenator Böger um Hilfe gebeten, weil Jugendliche „massiv den Schulfrieden stören und immer wieder vom Unterricht suspendiert werden“. Nun stünden diese vor der Schule und „bedrohen bzw. beleidigen Schüler und Lehrer“.

Im vergangenen Jahr sei an der Schule bereits eine achte Klasse komplett aufgelöst worden, „da die Mehrzahl der Schüler das Klassenziel aus den genannten Gründen nicht erreicht hatte“. Ein Lehrer kritisierte, dass Böger bisher nicht auf diesen Hilferuf geantwortet habe

In Brandenburg haben unterdessen SPD und Bündnisgrüne in der Debatte um Konsequenzen aus der Gewalt an Schulen die CDU zur Mäßigung aufgerufen. Die CDU mit ihrem Landeschef Jörg Schönbohm versuche den Eindruck zu erwecken, als drohten an Brandenburgs Schulen „Neuköllner Verhältnisse“, sagte SPD-Landesgeschäftsführer Lars Krumrey am Montag. „Hierfür gibt es keinerlei Anzeichen.“

Die Grünen warnten Innenminister Jörg Schönbohm vor einer Stimmungsmache gegen Ausländer. Schönbohm hatte nach den Berichten über Gewalt an Berliner Hauptschulen vorgeschlagen, jugendliche Intensivtäter für einige Tage in eine Art „Schnupperknast“ zu sperren. „Wir sollten in der Tat darüber nachdenken, kriminelle Schüler von der Schule zu verweisen und sie für ein paar Tage in einem Erziehungsheim oder auch in einem Jugendgefängnis unter Arrest zu stellen.“ Krumrey kritisierte: „Insbesondere die Überlegungen, Polizei in Schulen zu schicken und Schülern mit Arrest zu drohen, kommen einer pädagogischen Kapitulation gleich.“ Zugleich erinnerte er an die Forderung Schönbohms von 2003, Schulverweigerer mit Fußfesseln zu belegen. „Wenn Herr Schönbohm jetzt eine multikulturelle Gesellschaft als anfällig für Gewalt und Terrorismus“ stigmatisiert, ist das eine Vorstellung aus der politischen Motten-Kiste.“ Populistische Forderungen hätten in dieser Debatte nichts zu suchen.

Brandenburgs Grünen-Vorsitzende Katrin Vohland sagte, die „eklatanten Probleme an Berliner Schulen lassen sich nicht eins zu eins auf Brandenburg übertragen.“ Hohe Gewaltbereitschaft an Schulen und fehlende Sprachkenntnisse seien keine Frage der Nationalität, sondern eine der sozialen Situation. Brandenburg habe mit 2,7 Prozent einen sehr geringen Ausländeranteil. „Gewalt und Sprachdefizite gibt es aber auch hier. Die Problemfälle an den märkischen Schulen sind in erster Linie deutsche Schülerinnen und Schüler.“ TS/dpa

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