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Brandenburg: Schulschließung: Eltern begehen Landflucht

Das staatliche Schulamt war darüber gar nicht amüsiert und schickte Ermittler in die Region

Eberswalde/Penkun - Wenn die Tochter von Monika Kalinowski in den vergangenen Wochen vom uckermärkischen Tantow (Brandenburg) zu ihrer Grundschule in Penkun (Mecklenburg-Vorpommern) fuhr, waren die Behörden dabei. Mitarbeiter des staatlichen Schulamtes verfolgten den Bus, registrierten genau, wo und wann das Kind und seine Mitschüler in den Bus einstiegen, machten sich Notizen über den Schulweg, fragten die Hortnerinnen, wo denn die Kinder eigentlich wohnen. Denn die Tochter von Monika Kalinowski und 13 weitere Kinder dürften eigentlich nicht in Penkun zur Schule gehen. Sie müssten nach dem Willen des staatlichen Schulamtes in der brandenburgischen Grundschule Gartz unterrichtet werden.

„Was wir hier gegenwärtig im äußersten Nordosten Brandenburgs erleben, ist der bislang größte Fall von Verweigerung der Schulpflicht im Land“, sagt der Leiter der Rechtsstelle im staatlichen Schulamt Eberswalde, Michael Skolik. Nach der Schließung der Tantower Grundschule hätten die Jungen und Mädchen von ihren Eltern in das benachbarte Gartz umgeschult werden müssen. Stattdessen stellten die Eltern Anträge auf einen Wechsel zur vorpommerschen Grundschule in Penkun. „Das hatte Gründe. Die Gartzer Schulewar vorher eine Gesamtschule und auf die Grundschüler gar nicht vorbereitet. Der Schulhof war nicht getrennt, die Klassenzimmer in einem wenig erbaulichen Zustand, es gefiel uns nicht“, sagt Monika Kalinowski. „Wir haben uns erst die Gartzer Schule angeschaut, dann die Schule in Penkun und haben uns für letztere entschieden. Sie ist neu, schön eingerichtet und ausschließlich für Grundschüler“, fügt sie hinzu. Diese Argumente ließ das Schulamt nicht gelten. „Eltern haben ihre Grundschüler dort zur Schule zu schicken, wo der Schulbezirk festgelegt ist, es sei denn, es sprechen gewichtige Gründe dagegen. Und die gibt es in diesem Fall nicht“, sagt Skolik. Daraufhin griffen die Eltern zu einem ungewöhnlichen Mittel des zivilen Ungehorsams: Die Familien meldeten sich getrennt lebend, jeweils ein Elternteil mit Kind meldete den Hauptwohnsitz in Penkun an. „Mit allem Drum und Dran, mit Änderung der Steuerklasse und so weiter“, erzählt Monika Kalinowski. Und die Kinder gehen in Penkun zur Schule.

Das staatliche Schulamt war darüber gar nicht amüsiert und schickte Ermittler in die Region, die nachschauen sollten, ob die Elternteile wirklich umgezogen waren oder nur so taten. Die Art und Weise, wie das Schulamt hinter ihnen her schnüffelte, erinnere an Geheimdienst-Methoden, klagt Monika Kalinowski. Skolik verteidigt die Ermittlungen. „Wir haben den begründeten Verdacht, dass sich hier Leute scheinumgemeldet haben, um der brandenburgischen Schulpflicht zu entgehen. Und dem müssen wir nachgehen. Auch mit Ermittlungen vor Ort“, sagt er. Eine Genehmigung für den Schulwechsel werde es jedenfalls auf keinen Fall geben. Den Eltern drohe außerdem ein Zwangsgeld wegen Verletzung der Schulpflicht und wegen Scheinummeldung. Davon allerdings lassen sich Monika Kalinowski und andere Eltern nicht entmutigen.

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