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Brandenburg: Selbst beim Sterben eine Kluft

„Versorgungslücken“ für Schwerstkranke in Brandenburgs Randregionen

„Versorgungslücken“ für Schwerstkranke in Brandenburgs Randregionen Potsdam - Die Bewohner der berlinfernen Randregionen Brandenburgs sind selbst beim Sterben benachteiligt. Das geht aus einer neuen Studie der Medizinischen Hochschule Hannover hervor, die gestern von Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler (SPD) vorgestellt wurde. Die Ergebnisse sind mit Blick auf die demografische Entwicklung – heute Thema eines hochkarätigen besetzten Kongresses der Landesregierung in Potsdam – sensibel wie brisant. In dieser Bestandsaufnahme – nach Niedersachsen bundesweit erst die zweite dieser Art – wurden die Angebote im Land zur Betreuung und Begleitung von Sterbenden und unheilbar Kranken untersucht. Danach gibt es ein Gefälle zwischen dem Berliner Umland und den Randregionen – obwohl gerade dort der Anteil Älterer hoch ist und weiter wachsen wird. Das betrifft zum Beispiel stationäre Hospize, also spezielle Häuser, in denen sich um Schwerstkranke mit absehbarem Lebensende gekümmert wird: Zwar scheine Brandenburg insgesamt „zahlenmäßig recht gut versorgt“, heißt es dazu in dem Gutachten. Doch sei die regionale Verteilung „nicht überall angemessen.“ Zitat: „Auffallend sind die umfangreichen Angebote vor allem in den westlichen berlinnahen Regionen und Versorgungslücken in Berlin-ferneren Regionen im Norden und Süden des Landes.“ Und die landesweit drei existierenden so genannten „Palliativstationen“ in Krankenhäusern – das sind spezielle Abteilungen zu Betreuung von Todkranken – „konzentrieren sich auf den Großraum Berlin.“ Bei der ambulanten Hospizarbeit, also der Begleitung von Sterbenden und deren Angehörigen durch ehrenamtliche Helfer in der Wohnung gibt es sogar weiße Flecken: Nach der Studie haben zwei Landkreise keinerlei Angebote dieser Art – die Uckermark, ein Gebiet so groß wie das Saarland, und Elbe-Elster im Süden. Um solche Defizite abzubauen, die Betreuung von Schwerstkranken und Sterbenden zu verbessern, empfiehlt das Gutachten, landesweit 268 neue Stellen – wobei Brandenburg selbst dann noch unter dem bundesdeutschen Durchschnittsniveau läge. Gesundheitsministerin Ziegler will in den nächsten Monaten mit den Krankenkassen über eine Finanzierung verhandeln. „Je verlässlicher die Hilfen für schwerstkranke und sterbende Menschen sind, desto leiser wird auch der Ruf nach aktiver Sterbehilfe“, sagte Ziegler. Noch werde das Thema Tod und Sterben „tabuisiert und aus dem Alltag verdrängt“. Das 195–Seiten–Gutachten ist vom Land und einigen Krankenkassen finanziert worden. Die Wissenschaftler aus Hannover haben dafür alle einschlägig tätigen Institutionen im Land befragt, von Krankenhäusern, Pflegeheimen, Hospizeinrichtungen bis hin zu Gemeindepfarrern, die Sterbende seelsorgerisch begleiten. Die Bereitschaft zur Mitarbeit sei überall groß gewesen, so das Gutachten – mit einer Ausnahme: Das städtische Klinikum Ernst-von-Bergmann in der Landeshauptstadt Potsdam verweigerte seine Mitarbeit. Die Kooperation mit dem Geschäftsführer sei „mehr als problematisch“ gewesen, heißt es darin, „mit der Konsequenz, dass die Teilnahme aller Abteilungen an der Studie untersagt wurde.“

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