
© dpa/Soeren Stache
Streit um Krankenhausreform: Woidke will sich nicht „auf Nase rumtanzen lassen“ – Nonnemacher spricht von „Tiefpunkt“
Am Freitag überreicht Woidke der Gesundheitsministerin Brandenburgs während einer laufenden Bundesratssitzung ihre Entlassungsurkunde. Eigentlich sollte Nonnemacher zur Krankenhausreform sprechen.
Stand:
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat die Entlassung seiner Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Rande einer Sitzung des Bundesrats im Streit um die Krankenhausreform gerechtfertigt. „Ich kann mir da nicht auf der Nase rumtanzen lassen“, sagte der SPD-Politiker den Sendern RTL und ntv in Berlin.
Man sei am Mittwoch nach einer Konferenz mit Vertretern der Krankenhäuser, Landkreise und Kommunen zu dem Schluss gekommen, dass die geplante Reform dringend überarbeitet werden müsse und dazu der Vermittlungsausschuss anzurufen sei. „Ursula Nonnemacher war dazu nicht bereit“, sagte Woidke dem Sender Phoenix. Er könne als Ministerpräsident „nicht zulassen, dass ein klares Votum, das wir auch im Land haben“, im Bundesrat konterkariert werde durch eine Ministerin, „die mit der Wahrnehmung von Aufgaben von mir beauftragt ist“. Die Ministerin habe sich geweigert, dem von ihm vorgegebenem Abstimmungsvotum zur Krankenhausreform im Bundesrat zu folgen.
Nonnemacher hatte vor einem vorläufigen Aus der Krankenhausreform im Bundesrat gewarnt und angekündigt, sich bei der Abstimmung für Brandenburg zu enthalten. Damit wäre die Stimme des Bundeslands nicht gezählt worden.
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Die Situation spitzte sich nach Angaben Nonnemachers zu, nachdem sie angekündigt hatte, nicht auf ihre Rede im Bundesrat verzichten zu wollen. „Solange ich keine Entlassungsurkunde in den Händen halte, werde ich auch diese Rede halten“, habe sie in der Koalitionsrunde mit Woidke gesagt.
Nonnemacher bezeichnete den Vorgang ihrer Entlassung als bundesweit einmalig. „Ich bedauere diesen Tiefpunkt der politischen Kultur“, sagte Nonnemacher im Gesundheitsministerium in Potsdam. Sie habe ihre schriftliche Entlassung im Flur des Bundesrats erhalten. Dass Ministerpräsident Woidke sie entlassen habe, noch bevor sie ihre geplante Rede im Bundesrat halten konnte, sei auch für sie überraschend gekommen, sagte die Grüne. Vor der Sitzung im Bundesrat habe es in der Koalitionsrunde einen Konflikt mit dem Ministerpräsidenten über das Abstimmungsverhalten zur Krankenhausreform gegeben.
Brandenburgs Grünen-Agrarminister Axel Vogel verkündete nach der Entlassungseinen Rücktritt. Die Grünen und Vogel sähen keine Basis mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, heißt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur.
Mit der Entlassung hatte Woidke verhindert, dass Nonnemacher am Freitag zur Anrufung des Vermittlungsausschusses zur Krankenhausreform im Bundesrat sprach.
Woidke wollte den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen, Nonnemacher wollte das verhindern. Die entlassene Ministerin sprach sich im Vorfeld gegen die Anrufung des Ausschusses aus, weil sie die damit verbundenen Verzögerungen und weitere Krankenhausinsolvenzen fürchtete.
Am Freitagmittag machte der Bundesrat gegen das Votum Brandenburgs den Weg für die umstrittene Krankenhausreform frei. Die Länderkammer ließ das noch von der Ampel-Koalition im Bundestag beschlossene Gesetz für eine Neuordnung der Kliniken passieren.
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Woidke lobte Nonnemacher als „sehr gute“ Ministerin
Woidke dankte Nonnemacher in einer Mitteilung für „ihren engagierten Einsatz für das Land Brandenburg“. „Sie war eine sehr gute und erfolgreiche Sozial- und Gesundheitsministerin“, so der Regierungschef. Nonnemacher habe mit ihrer Arbeit in der vergangenen Legislaturperiode einen großen Anteil daran, dass Brandenburg die Corona-Krise und auch die Auswirkungen der Afrikanischen Schweinepest gut bewältigt habe.
„Auch im sozialen Bereich hat sie bei der Bekämpfung von Armut, bei der Umsetzung des Pakts für die Pflege und bei der Unterstützung unserer Krankenhäuser wichtige Akzente gesetzt, die große Anerkennung verdienen. Ich wünsche Ursula Nonnemacher für die Zukunft alles Gute“, sagte Woidke.
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Alexandra Pichl, Landesvorsitzende der Brandenburger Grünen, erklärte, Nonnemachers Entlassung sei nicht nur inhaltlich falsch, sondern auch ein Affront gegen all jene, die sich eine verlässliche Gesundheitsversorgung in Brandenburg wünschen.
Streit um die Krankenhausreform: BSW soll Woidke unter Druck gesetzt haben
Bis zum Donnerstag hatte es im Streit um die Krankenhausreform keine Einigung gegeben, was auch nicht verwundert, weil Regierungsdisziplin in Brandenburg keine Rolle mehr spielen muss: Woidke befindet sich gerade mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in den letzten Zügen der Koalitionsverhandlungen für eine neue Landesregierung, Nonnemacher strebt keine Funktionen oder Ämter mehr an.
Vom BSW wiederum soll es erheblichen Druck auf Woidke – dessen Distanz zur SPD-geführten Bundesregierung ihm kürzlich den Wahlsieg in Brandenburg sicherte – geben, gegen das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz zu stimmen.
„Es ist beschämend zu sehen, dass der SPD-Ministerpräsident vor nichts zurückschreckt, um seine Macht zu sichern. Diese Entscheidung zeigt, wie weit die SPD inzwischen bereit ist zu gehen, um sich für eine künftige Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) anzubiedern,“ so Pichl.
Nach Informationen von Tagesspiegel Background soll Woidke am Donnerstag seine nun entlassene Ministerin angewiesen haben, der Abstimmung im Bundesrat fernzubleiben, Nonnemacher soll dies abgelehnt haben. Anfragen in der Staatskanzlei sowie im Gesundheitsministerium in Potsdam, ob dies zutreffe, blieben unbeantwortet.
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