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Brandenburg: Urlaub trotz Baubeginn im Todesstreifen

Parteien und Experten kritisieren Mauergedenkkonzept / Neues Mahnmal eingeweiht

Parteien und Experten kritisieren Mauergedenkkonzept / Neues Mahnmal eingeweiht Berlin - Nach dem Baubeginn durch einen privaten Investor auf einem Grundstück in der Ackerstraße in Berlin Mitte geraten das Mauergedenkkonzept von Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei.PDS) sowie der Bezirk Mitte immer mehr in die Kritik. Es sei jetzt überfällig, dass im Abgeordnetenhaus die politische Frage geklärt werde, was an der Mauergedenkstätte Bernauer Straße noch möglich sei und wer die Kosten für das Projekt trage, sagte gestern der Leiter des Forschungsverbunds SED-Staat an der Freien Universität (FU) Berlin, Manfred Wilke. Ungeachtet des Streits um die Bernauer Straße erinnert nun im Berliner Regierungsviertel ein neues Mahnmal an die Mauertoten. Im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus wurden Original-Mauerstücke am ursprünglichen Verlauf der Grenzanlage aufgestellt. Der Aktionskünstler Ben Wargin hat jedes Teilstück mit Jahresangaben und der Anzahl der Toten versehen. Das Mahnmal solle daran erinnern, dass die Selbstverständlichkeit der Freiheit Opfer gekostet habe, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) zur gestrigen Eröffnung des knapp 1,7 Millionen Euro teuren Projekts. Außerdem wurde die benachbarte 430 Meter lange Schiffbauerdamm-Promenade für die Öffentlichkeit freigegeben, die an der Spree entlang führt. Dagegen kritisierte der Leiter der Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, die Situation an der Bernauer Straße. Er nannte den Baubeginn „unerfreulich und störend“. Der Bezirksbürgermeister von Mitte, Joachim Zeller (CDU) betonte, der Senat sei rechtzeitig über die vor vier Jahren erteilte Baugenehmigung informiert worden. Er selbst habe in Gesprächen mit Flierl und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) mehrfach auf die schwierigen baurechtlichen Verhältnisse hingewiesen. Der ehemalige CDU-Landeschef betonte, die Pläne, den noch unbebauten ehemaligen Todesstreifen neben der Gedenkstätte Bernauer Straße als Erinnerungslandschaft freizuhalten, seien aus finanziellen Gründen zum Scheitern verurteilt. Die Millionenbeträge für den notwendigen Ankauf privater Baugrundstücke seien „niemals zu finanzieren“. Linkspartei-Kulturexperte Wolfgang Brauer, sagte, bei dem Projekt sei offenbar einiges schief gelaufen. Alle Verwaltungen im Bezirk sowie auf Senatsebene hätten sich „nicht mit Ruhm bekleckert“. Verwundert zeigte sich Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD): „Ich bin einigermaßen überrascht, dass man so ein Konzept vorstellt und erst dann entdeckt, dass es Schwierigkeiten geben könnte.“. Thierse zeigte sich aber überzeugt, dass die deutsche Hauptstadt ein solches großangelegtes Mauergedenkkonzept an zentraler Stelle brauche. Manfred Wilke zufolge sind dagegen für das vorgelegte Mauergedenkkonzept „die Züge schon abgefahren“. Offenbar traue sich der Senator aber nicht, „Klartext darüber zu reden, wie die Lage ist“. Der FU-Professor kritisierte, dass der von Flierl angekündigte Abgleich zwischen den Bauplänen des Bezirks und der Planungshoheit des Senats offenbar nicht vorgenommen wurde. Derweil gehen aber die Bauarbeiten auf dem Grundstück Ackerstraße 41 weiter. Die Kulturverwaltung hat noch keinen Kontakt zum Bauherrn aufgenommen, um über einen Baustopp und die etwaigen Entschädigungen zu verhandeln. Die Gespräche werden auch so bald nicht beginnen. Denn Senator Thomas Flierl fährt erst einmal in Urlaub. Das Grundstück in der Ackerstraße gehört zu einem für den Ausbau der zentralen Mauergedenkstätte vorgesehenen Areal. Das Konzept sieht vor, das bestehende Mauergedenkensemble mit Versöhnungskapelle, Denkmal und Dokumentationszentrum zu einer weiträumigen Erinnerungslandschaft zu gestalten. Laut Flierl müssen dafür die Besitzer von Immobilien mit insgesamt 13 Millionen Euro entschädigt werden. dpa/ddp/PNN

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