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Brandenburg: Verteidigung fordert Freispruch

POTSDAM . Im Prozeß gegen den früheren Brandenburger Gesundheitsstaatssekretär Detlev Affeld (SPD) und zwei weitere Beamte des Hildebrandt-Ministeriums hat die Verteidigung am Freitag einen Freispruch vom Vorwurf der gemeinschaftlichen Untreue gefordert.

POTSDAM . Im Prozeß gegen den früheren Brandenburger Gesundheitsstaatssekretär Detlev Affeld (SPD) und zwei weitere Beamte des Hildebrandt-Ministeriums hat die Verteidigung am Freitag einen Freispruch vom Vorwurf der gemeinschaftlichen Untreue gefordert. In ihren Abschlußplädoyers räumten die angeklagten Spitzenbeamten zwar haushaltsrechtliche Fehler ein. Sie wiesen vorsätzliches kriminelles Handeln, wie von der Staatsanwaltschaft unterstellt, jedoch strikt zurück. Die Verteidigung warf der Staatsanwaltschaft "selektive Wahrnehmung", "Voreingenommenheit" und "juristische Inkompetenz" vor. Das Landgericht Potsdam wird am 23. Juli sein Urteil in dem Verfahren sprechen, das als bundesweites Pilotverfahren galt."Ich stehe zu meinen Fehlern - aber sie wollen kriminalisieren", richtete Affeld seine Anklage an die Adresse der Staatsanwaltschaft. Er betonte zugleich, daß er das, was ihm vorgeworfen würde, "exakt wieder tun würde." Es habe keine Alternative gegeben. In seinem Schlußwort wies der Ex-Gesundheitsstaatsekretär darauf hin, daß er Konsequenzen aus den Haushalts-Affären gezogen habe. "Ohne meine Bereitschaft hätte mich der Ministerpräsident dieses Landes nicht in den Ruhestand schicken können. Und er hätte es auch nicht getan", sagte Affeld wörtlich.Affeld, hinter den sich Sozialministerin Regine Hildebrandt wie auch hinter die anderen Beamten immer demonstrativ gestellt hatte, war von Ministerpräsident Stolpe 1996 trotz der Haushalts-Vorwürfe in Ehren verabschiedet worden. Als Beleg für das "böswillige, ehrabschneidende und täuschende" Agieren der Staatsanwaltschaft nannte Affeld, daß diese objektive Fakten und Kompetenzverteilungen innerhalb des Ministeriums wider besseres Wissen ignoriert habe. So habe das Haushaltsreferat zu keinem Zeitpunkt ihm unterstanden, sondern zur Zuständigkeit des Sozialstaatssekretärs gehört.Den Angeklagten wird in dem Mammutverfahren vorgeworfen, bei der Förderung von Modellprojekten für Chronisch Kranke (BCK) und das Gesundheitshaus Ringenwalde, zum Schaden der Landeskasse das Haushaltsrecht vorsätzlich mißachtet und das Landesparlament umgangen zu haben. Hauptvorwurf lautet dabei, daß das sogennannte Jährlichkeitsprinzip, wonach Fördergelder im laufenden Haushaltsjahr ausgegeben werden müsse, zielgerichtet umgangen worden sei. Daraus sei dem Land ein "juristischer Schaden" in Millionenhöhe entstanden, so die Staatsanwaltschaft. Sie hatte für Affeld ein Jahr auf Bewährung und die Aberkennung der Amtsfähigkeit, für den früheren Gesundheitsreferatsleiter Carl-Christian von Braunmühl ein Jahr und vier Monate auf Bewährung plus Aberkennung der Amtsfähigkeit sowie für die Gesundheitsabteilungsleiterin Sigrun Stepphuhn sechs Monate auf Bewährung gefordert. Teile der ursprünglichen Anklage waren jedoch fallengelassen worden. Oberstaatsanwalt Volker Ost hatte in seinem Plädoyer Sozialministerin Regine Hildebrandt, den Angeklagten Affeld, von Braunmühl und Stepphuhn ein "Abwälzen von Verantwortung" vorgeworfen. Wie Affeld selbst wiesen auch die anderen Angeklagten und deren Verteidiger alle Vorwürfe strikt zurück.Da die Gelder nicht in den Sand gesetzt, sondern zweckentsprechend verwendet worden seien, gebe es objektiv gar keinen Schaden, so der einhellige Tenor. Damit sei die Untreue-Anklage juristisch haltlos. Mit dem Verfahren habe die Staatsanwaltschaft bewirkt, das gut 5 Millionen Mark Steuergelder verschwendet worden seien, erklärte Anwalt Christoph Kliesing. Braunmühl-Anwältin Felicitas Selig beklagte, daß die Staatsanwaltschaft auf einem juristischen Niveau agiere, "das nicht mehr zu unterbieten ist."Am Vortag war das Ermittlungsverfahren gegen Brandenburgs Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) wegen des Verdachts der Untreue eingestellt worden. Der Zeitpunkt sei "echter Zufall", erklärte Oberstaatsanwalt Volker Ost. Der Entwurf der Verfügung sei vor geraumer Zeit fertig gewesen. "Aber wir sind eine hierarchische Behörde", so Ost. "Das mußte erst die Hühnerleiter rauf und wieder runter. Um Politik kümmern wir uns nicht". Die Junge Union des Landes Brandenburg bezeichnete dagegen die Einstellung des Verfahren gegen Hildebrandt als "politischen und juristischen Skandal", der offensichtlich mit Blick auf den Landtagswahlkampf auf Druck von oben vollzogen wurde. Damit stehen neue Vorwürfe im Raum.

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