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Erardo C. Rautenberg, Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg und SPD-Mitglied.

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Die Angst vor der Entlassung von Staatssekretären: Warum Vertrauen wichtiger ist

Keine Angst vor einem Wechsel: Jedem Minister sollte zugestanden werden, sich einen Staatssekretär des Vertrauens auszuwählen - oder sich von ihm zu trennen, wenn das Vertrauensverhältnis nicht mehr besteht. Eine Position von Erardo C. Rautenberg, Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg.

Wenn nach Wahlen die neue Regierung einen anderen politischen Kurs fährt als die alte, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass nicht nur die alten Minister abtreten, sondern auch deren beamtete Staatssekretäre. Diese können als „politische Beamte“ jederzeit ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden (§ 30 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz).

Falls jedoch eine Regierung während einer laufenden Wahlperiode von dieser Regelung Gebrauch macht, pflegen von der Opposition angefeuerte Medien genüsslich zu berichten, wieviel die Frühpensionäre „fürs Nichtstun“ erhalten. Da dies die Volksseele zum Kochen bringen könnte, bemühen sich die Regierungen, selbst beim Wechsel von Ministern während einer Wahlperiode deren Staatssekretäre möglichst im Amt zu belassen.

Wenn es wie beim Fisch vom Kopf her stinkt

Dagegen ist auch nichts einzuwenden, wenn zwischen beiden die Chemie stimmt und sie ordnungsgemäß zusammenarbeiten: Der Minister setzt die politischen Vorgaben und der Staatssekretär trägt für deren ordnungsgemäße und gesetzestreue Umsetzung Sorge. Falls das aber nicht funktioniert, kann von dem betroffenen Ministerium keine einwandfreie Arbeit mehr erwartet werden. Es stinkt sozusagen wie der Fisch vom Kopf her.

Das liegt nicht im Interesse des Wählers und schadet allen, die von Entscheidungen dieses Ministeriums abhängig sind. Daher sollte jedem Minister zugestanden werden, sich einen Staatssekretär seines Vertrauens auszuwählen oder sich von diesem zu trennen, wenn das Vertrauensverhältnis nicht mehr besteht. Das gilt erst Recht für das Verhältnis des Ministerpräsidenten zu dem Chef der Staatskanzlei, wenn dieser nicht im Rang eines Ministers, sondern wie in Brandenburg und den meisten anderen Bundesländern im Rang eines Staatssekretärs steht.

Risiko eines Wechsels

Und die Kosten? In der Tat waren früher die Versorgungsregelungen für die einstweilig in den Ruhestand versetzten politischen Beamten so komfortabel, dass man die Frühpensionäre nur beneiden konnte. Doch der Gesetzgeber hat längst gehandelt. Inzwischen sind die Regelungen so, dass man es sich als Beamter oder Angestellter in gesicherter Position genau überlegen muss, das Risiko des Wechsels in den unsicheren Status des „politischen Beamten“ einzugehen, wenn man sich noch längst nicht in der Nähe des Ruhestands befindet. Natürlich ließe sich noch weiter an der Versorgungsschraube drehen, doch damit würde auch die Qualität der Staatssekretäre sinken, was man sich nicht wünschen kann.

Die Demokratie als Staatsform ist allein durch ihren systembedingten Wechsel der obersten Funktionsträger und deren Versorgung nicht preiswert. Andere Regierungsformen können preiswerter sein, wenn nämlich Minister und Staatssekretäre im Amt bleiben bis sie wegsterben oder ohne Versorgungsbezüge aus dem Amt gejagt werden können. Doch davor bewahre uns der liebe Gott.

Der Autor ist Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg und Mitglied der SPD.

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