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Landeshauptstadt: 1,4 Millionen Euro waren zu wenig

Griebnitzsee-Villa in der Stubenrauchstraße bleibt in Zwangsverwaltung / Grenzen nicht aufgehoben

Babelsberg - Die entstandene Situation war bizarr, wie sie in einem Gerichtssaal bei Zwangsversteigerungen selten erlebt wird. Sie sei zum ersten Mal überhaupt bei einer Zwangsversteigerung, sagte die Frau im engen Kleid. Im „Tagesspiegel“ sei die Anzeige des Amtsgerichtes Potsdam erschienen und da es ein Haus nach ihrer Kragenweite ist, kam sie gestern in den Saal 314.2 für Zwangsversteigerungen. Bepackt mit viel Bargeld und der Absicht, eine Villa am Griebnitzsee zu erwerben. Dabei weist das Amtsgericht seit Monaten daraufhin, dass die Sicherheit eines Gebotes nicht mehr in Bargeld abzugeben sei, ab Mitte Februar werde die Annahme bei Zwangsversteigerungen auch nicht mehr möglich sein, sagte die Rechtspflegerin. Hintergrund ist ein Überfall aus dem Vorjahr.

Danach wurde der Sitzungssaal für Versteigerungen aus dem Nebengebäude in der Jägerstraße ins Hauptgebäude in der Hegelallee verlegt und Personenschleusen wie an Flughäfen eingeführt. Wer in den Saal will, wird nun von zwei Sicherheitsbeamten empfangen. Und wer bei einer Versteigerung mitbieten will, muss eine Bietsicherheit von zehn Prozent des Objektwertes abgeben. Die schick gekleidete Dame aus Berlin und ihr Vater brachten einen Umschlag voller Euro-Scheine mit, das zu versteigernde Grundstück in der Stubenrauchstraße 4 hat immerhin einen Verkehrswert von 1,822 Millionen Euro. Errechnet für eine Villa am Griebnitzsee und dem dazugehörigen 1723 Quadratmeter großen Grundstück. Dass es mehr war als die geforderte Bietsicherheit, störte die beiden nicht. Die Rechtspflegerin auch nicht, die verpackte und eher selten benutzte Geldzählmaschine tat ihre Dienste. Und das Gebot? „Wie viel bieten wir?“, rief die Frau vom Tisch der Rechtspflegerin hinüber ans Ende der Stuhlreihen. Sie war sich unsicher. Es war ihre erste Versteigerung. Sie hatte schon nach fünf Minuten der halbstündigen Bietzeit laut gefragt, auf was denn hier noch gewartet würde. Warum denn keiner bietet? Sie war die einzige, die Interesse an der Villa zweier Frauen aus Potsdam hatte, deren Haus seit Mitte des vergangenen Jahres in Zwangsverwaltung steht. Ihr Gebot lautete: „Eins vier“ – 1,4 Millionen Euro.

Zu wenig, wie sich einige Minuten später herausstellte. Zwar hat sie das höchste Gebot abgegeben, die Gläubigerbank mit Sitz in Hamburg hat das Verfahren jedoch kurz vor Ende der Versteigerung ausgesetzt. Somit steht die Villa samt Grundstück weiter zum Verkauf. Es gebe mehrere Interessenten, die sich noch dafür interessierten, sagte die Vertreterin der Bank. Knapp eine halbe Million Euro unter Wert werde das Grundstück daher nicht verkauft.

Nicht einmal die Mindestgrenzen sind für den kommenden Zwangsversteigerungstermin gefallen. Normalerweise gelten sie beim nächsten Termin nicht mehr, wird der halbe Wert eines Objektes nicht erreicht. Dann wird es sozusagen verramscht und könnte theoretisch für 1000 Euro verkauft werden. Jan Brunzlow

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