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Von Michael Meyer: 35 Kilometer bergan fürs Comeback

Bundestrainer Ronald Weigel aus Potsdam fliegt heute mit Gehern und Marathonläufern nach Südafrika

Ronald Weigel ist jetzt doppelt gefragt – wie bisher als Bundestrainer Gehen und nun auch als Bundestrainer Marathon. Der Potsdamer übernahm die Langstreckler von Detlef Uhlemann und sieht durchaus Parallelen zwischen beiden Leichtathletik-Disziplinen. „Beides sind Ausdauer- Disziplinen mit den gleichen Grundprinzipien und ähnlichem Jahresaufbau. Ein Marathon ist vergleichbar mit dem 50-Kilometer-Gehen“, meint der 51-Jährige, der heute mit einigen seiner Schützlinge nach Südafrika ins Höhentrainingslager Dullstroom fliegt. Neben den Gehern Christopher Linke und Nils Gloger vom SC Potsdam sowie André Höhne, Maik Berger und Carsten Schmidt aus Berlin hat Weigel auch die Marathonläufer Sabrina Mockenhaupt von der LG Sieg und André Pollmächer vom Verein Rhein-Marathon Düsseldorf vier Wochen im Transvaal nordöstlich Johannesburgs unter seinen Fittichen.

Es ist vor allem Weigels Verdienst, dass mit André Pollmächer die derzeit größte deutsche Hoffnung bei den Marathon- Männern wieder die Laufschuhe schnürt. Der 27-jährige gebürtige Riesaer hatte 2009 nach Platz 18 bei den Weltmeisterschaften in Berlin überraschend dem aktiven Sport adé gesagt, da beim LAC Erdgas Chemnitz sein Trainer Bernd Dießner – einst in Potsdam 5000-Meter-Läufer und dann Coach von Ulrike Bruns, Olaf Beyer, Jürgen Straub und Jens-Peter Herold – in Rente ging. Pollmächer begann selbst eine Nachwuchstrainer-Tätigkeit beim LAC Erdgas, ehe alles ganz anders kam. Der Stadtsportbund Chemnitz und sein Klub kündigten ihm während seines Urlaubs 2010, und als ihn Weigel am Rande der Deutschen Meisterschaften in Braunschweig zu einem Comeback zu überreden versuchte, willigte er ein. „Ron hat die richtigen motivierenden Worte gefunden und ein schlüssiges Konzept, so dass ich jetzt wieder angreife“, sagte Pollmächer am Montag den PNN. Nun sind die Olympischen Spiele 2012 in London sein großes Ziel. Dafür will er künftig bei Weigel in Potsdam trainieren und in Kürze auch von Chemnitz nach Potsdam ziehen. „Durch die Trainingslager – ich bin gerade aus Monte Gordo in Portugal zurück, wo ich nach der Rückkehr aus Südafrika noch einmal trainieren werde – habe ich es mit dem Umzug noch nicht geschafft“, so Pollmächer. „Ron sucht derzeit eine Wohnung für mich in Potsdam, und wenn alles klappt, werde ich im Frühjahr kommen.“

Heute aber geht es erst einmal in 2000 Meter Höhe, wo sich der Langstreckler für die vorolympische Saison mit den WM in Daegu als Höhepunkt quälen will. „Das Pensum dort wird hart sein“, weiß Pollmächer, der bereits in der Vergangenheit gemeinsam mit Ronald Weigels Gehern in Südafrika trainierte und von seinem neuen Trainer überzeugt ist. „Dass Ron im Marathon noch lernen muss und kann ist klar. Aber ich bringe ja selbst Erfahrung mit, und er kann meine Disziplin auch von außen aus einer anderen Perspektive betrachten. Außerdem haben Langlauf und Gehen vieles gemeinsam.“

Was Ronald Weigel bekräftigt. „Meine Doppel-Aufgabe jetzt ist natürlich schwierig, aber machbar. Jetzt in Dullstroom werden wir unser Augenmerk vor allem auf Grundlagen-Ausdauer und Kraft legen, also lange Strecken und große Umfänge trainieren“, so der Bundescoach. „Das sind Umfänge, die unsere Top-Geher bereits kennen, viele Marathonläufer – außer André Pollmächer – noch nicht. Wie das Geher-Training sowieso oft unterschätzt wird. Als ich in der vergangenen Woche bei einer A-Trainer-Ausbildung in Mainz über das Gehen referierte, hat mancher Zuhörer nicht schlecht über Umfänge und Belastungen gestaunt.“ Im Transvaal beispielsweise will Weigel – zu DDR-Zeiten selbst Weltmeister im 50-Kilometer-Gehen und 20-Kilometer-Olympiazweiter sowie 1992 Olympiadritter über 50 Kilometer – die Sportler 35 Kilometer bergan gehen beziehungsweise laufen lassen. „Das haben wir Geher schon früher in Bulgarien auf den Belmeken trainiert, und dann haben es uns die DDR-Biathleten auf Ski-Rollern nachgemacht“, erinnert er sich.

Eins steht für den Bundestrainer fest. „Die Athleten müssen bereit sein, sich für den Erfolg auch zu quälen“, sagt Weigel. „Entscheidend sind Kopf und Wille. Daher kommen 80 Prozent der Leistung – und da kann man von den Gehern lernen.“ Allerdings werde in den meisten Leichtathletik-Landesverbänden das Gehen nicht so gefördert wie erforderlich, glaubt Weigel. „Außer in Brandenburg mit dem Stützpunkt hier in Potsdam, wo wir Leistungsträger wie Melanie Seeger und Christopher Linke haben und Talente wie Hagen Pohle, Nils Gloger und Charlyne Czychy.“ Linke und Gloger werden nun an der Seite Mockenhaupts und Pollmächers auch bergan ordentlich schwitzen.

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