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Homepage: Abhängig auch vom Westen

MGFA-Publikation zur DDR-Sicherheitspolitik

In der Geschichtswissenschaft wird derzeit die Ära Honecker erforscht. Eine Lücke – die der Militär- und Sicherheitspolitik von 1971 bis 1989 – ist nun mit dem Werk Heiner Bröckermanns vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) in Potsdam geschlossen. Für den Berliner Verleger Christoph Links war die Buchpräsentation am Montag in der Zeppelinstraße ein besonderer Anlass. Mit nunmehr zwanzig Bänden ist die Reihe Militärgeschichte der DDR mittlerweile eine der wichtigsten Plattformen der wissenschaftlichen Diskussion. Für die Vorstellung der Studie, die kürzlich an der Universität Potsdam als Dissertation angenommen wurde, konnte Innenminister a.D. Jörg Schönbohm (CDU) gewonnen werden.

In seiner Begrüßung bezeichnete ihn der Amtschef des MGFA, Oberst Dr. Hans-Hubertus Mack, am Montagabend als das „Gesicht der Armee der Einheit“. Als Befehlshaber des Bundeswehrkommandos Ost war er ab Oktober 1990 verantwortlich für die Überführung der Nationalen Volksarmee (NVA) in die Bundeswehr. Der gebürtige Brandenburger hat über diese Zeit bereits 2009 in seinen Erinnerungen „Wilde Schwermut“ geschrieben. Die rund 100 Gäste, darunter zahlreiche ehemalige Generale der Bundeswehr und der NVA, hörten eine spannende Mischung aus Erzählungen eines Zeitzeugen und Würdigung der Forschungsergebnisse durch einen historisch Interessierten. Der pensionierte General lobte zuerst seine eigene Durchhaltefähigkeit, die über 900 Seiten intensiv gelesen zu haben.

Dann fiel Schönbohms Lob auf den Autor für seine solide und überzeugende Arbeit, die ein Grundlagenwerk der modernen Zeitgeschichte sei. Zum ersten Mal werde die geheime Militär- und Sicherheitspolitik der DDR in die gesamtdeutsche und internationale Geschichte eingebunden. Denn mindestens genauso abhängig wie von Moskau sei die Ostberliner Regierung von den Entwicklungen in Westeuropa und in der NATO gewesen. Überraschend war für Schönbohm, dass trotz Entspannung und Abrüstung ab Mitte der 1970er Jahre die Militarisierung der Gesellschaft und ab 1987 die Verstärkung der Grenztruppen der DDR vorangetrieben wurden. Auch seien Ausbildungsanweisungen der NVA, in denen die „Erziehung zum tiefen Hass“ der Soldaten auf den Gegner im Westen gefordert wurde, erschreckend zu lesen.

Allerdings lässt sich die Umsetzung dieser Richtlinien kaum messen. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass die Wirklichkeit weit entfernt vom Anspruch der Partei- und Militärführung war. Was Heiner Bröckermann in den Akten über Wolf Biermann aus dem Jahre 1976 fand, galt wohl ebenso für die Soldaten der NVA: „ob nun durchtriebene Sendungen der schwarzen Kanäle...oder die Klänge der konterrevolutionären Drahtharfe eines Liedermachers – dies alles muss bei unseren Bürgern abperlen wie schmutziges Wasser am sauberen Schwan“. Nicht alles, was sich der Herr mit dem charakteristischen Hütchen ausgedacht hat, war auch umsetzbar. Hos

Heiner Bröckermann, „Landesverteidigung und Militarisierung. Militär- und Sicherheitspolitik der DDR in der Ära Honecker 1971-1989“, Berlin: Links 2011, ISBN 978-3-86153-639-0.

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