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Bäuchlings. Die Babys dürfen beim Training auf den Bäuchen ihrer Mütter liegen. Zu anderen Übungen werden sie auch in einem Tragesitz auf Bauch oder Rücken geschnallt. Die jungen Mütter wollen durch das Kangatraining ihre Ausdauer und Fitness wiederfinden. Außerdem können sie sich in der kleinen Gruppe austauschen.

© Sebastian Gabsch

Kangatraining in Potsdam: Aerobic mit Baby

Maria Wengler bietet Potsdams einziges Kangatraining an, das Sport und körperliche Nähe verbindet.

Carmen kreischt vor Freude. Phillip schläft tief. Das passiert nicht oft. Aber so angebunden an Muttis Bauch, rumtanzend – zumindest passiv –, das scheint so richtig zu entspannen. Zumindest wirken die Babys so. Die Kleinen sind beim Kangatraining. Nicht allein, immerhin sind Carmen und Phillip erst ein paar Wochen alt. Ihre Mütter haben sie mitgebracht.

Ganz in der Nähe zu Potsdams ehrwürdigen Rokokobauten von Sanssouci schwitzen die Frauen, jede mit einem Baby im Tragegurt. Denn Kanga ist eine Art Aerobic mit Baby an Bord. Im Tanzstudio Pirouette in der Zeppelinstrasse wiegen und drehen sich die Mamas, tanzen, stampfen, marschieren am Ort. Weil die Sehnen und Bänder noch Monate nach der Geburt weicher sind, gibt es keine komplizierten Schritte bei Kanga. Ausdauer und Kraft werden trainiert. „Kanga stärkt alle Muskelgruppen, die in der Schwangerschaft geschwächt wurden“, erzählt die 27-jährige ausgebildete Potsdamer Kangatrainerin Maria Wengler, „also Rücken, Po, Beckenboden und Teile der Bauchmuskulatur.“

Kanga wurde vor etwa zehn Jahren in Wien von der ehemaligen Tänzerin Nicola Pascha entwickelt, als sie nach der Geburt ihrer kleinen Tochter Pamina wieder trainieren wollte. Nur leider hatte Pamina überhaupt keine Lust, daneben zu liegen und zuzusehen. Sie wollte die Nähe zu ihrer Mutter spüren. Und so entstand das Kangatraining.

Kanga ist der Name der Känguru-Mama aus Alan Alexander Milnes berühmten Winnie Puuh-Erzählungen und bezieht sich direkt auf die Trageweise des Beuteltieres. Die Mütter haben ihr Baby in einer Tragetasche auf den Bauch gebunden, und ab geht das Training: 60 Minuten lang werden neben den Muskelgruppen auch allgemein Ausdauer und Kreislauf geschult. Denn, wie Neu-Mutter Patricia Labes zugibt, nach der Schwangerschaft sei man ja nicht mehr so ganz topfit, auch wenn man vorher viel Sport getrieben habe.

Auch Elisabeth Garbisch ist ganz begeistert vom Kangakurs. Und deshalb auch zum zweiten Mal hintereinander dabei. „Das Tolle ist, dass das Baby auch mit in Bewegung ist, und nicht daneben liegt.“ Sie halte sich auch mit Yoga fit, aber da könne sie viele Übungen nicht mit machen, weil die kleine Carmen unruhig werde oder weine. Bei Kanga machen die Babys alles mit, wenn auch nur in der Tragetasche. Aber die bunten Ringelstulpen an den kleinen dicken Beinchen der Babys sind nach jeder Übungsstunde durchgeschwitzt, erzählen die Mütter.

Das Kangatraining von Maria Wengler ist das einzige seiner Art in der Stadt. Sie ist Hebamme und selbst Mutter eines kleinen Sohnes. Im Beruf trifft sie viele Frauen, die gerade ein Kind bekommen haben, bei der Rückbildungsgymnastik. Viele von ihnen wollen sich anschließend weiter fit halten. Da bietet sich Kangatraining wie von selbst an, sagt Elisabeth Garbisch. Sie will auch weiterhin dabei bleiben.

Einmal pro Woche gibt es den Kurs, aber mit der dazugehörigen DVD können sich die Mütter auch noch zu Hause vor dem Fernseher fit halten. Etwa zwölf bis 14 Wochen nach der Geburt ihres Babys kommen die Frauen in der Regel zu Wengler, erzählt sie, dann ergebe Kangatraining am meisten Sinn.

Acht bis zehn Frauen sind in einem Kurs. Das sei die beste Anzahl, um auf jeden individuell eingehen zu können, sagt die Leiterin. Und auch die Mütter finden die Anzahl klasse: Nicht so groß, dass man sich kaum kennt, aber auch nicht zu klein für zu viel Intimität, sagen sie. Denn vor allem sei Kanga etwas Spaßbetontes, darin sind sich Wengler und die Frauen einig. „Mal wieder rauskommen“, freut sich etwa Mama Ivonne Schomber, „andere Frauen treffen, austauschen, Spaß haben.“ Das sei noch viel wichtiger als Pfunde loszuwerden.

Wer schon während der Schwangerschaft das Gruppengefühl haben will, kann bei Maria Wengler zum PreKanga gehen. Es ist eine Alternative zum Yoga für Schwangere. Die Übungen werden an das jeweilige Stadium der Schwangerschaft angepasst und sollen die Frauen fitmachen für die Geburt. Beim PreKanga lernen die werdenden Mütter Verspannungen zu lösen und ihren Beckenboden auf die bevorstehende Entbindung vorzubereiten.

Noch ist Kanga oder gar PreKanga eher ein Geheimtipp, überstrahlt von Angeboten wie Yoga und Pilates oder „Lauf-Mama-Lauf“, bei dem sich Frauen mit Kinderwagen zum gemeinsamen Joggen treffen. Doch den Babies gefällt es offensichtlich, nicht nur im Wagen zu liegen, sondern auf Mamas Bauch.

Ute Swart

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