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Homepage: Alle Mittel erlaubt

Die Marketing-Guerilla kam an die Universität

Grün-braune Tarnvorhänge schirmten das Foyer des Uni-Campus Griebnitzsee vor neugierigen Blicken am Vorabend der Messe „Uni trifft Wirtschaft“ ab. Doch nicht wenige Studierende warfen einen Blick hinter die Verhüllung. Ein Beweis, dass Werbung auch so funktioniert. „Guerilla Marketing“ nennen das die Profis. Doch was hat Marketing mit Guerilla zu tun? „Eine Werbekampagne, die Symbole und Taktiken des Guerilla-Krieges nutzt“ – vermutete ein Philosophiestudent, der mit Marketing nach eigenen Worten „gar nichts am Hut“ hat. Allein der Titel habe sein Interesse geweckt.

„Guerilla Marketing ist so ähnlich wie Pornografie“, erklärte Anthony-James Owen, Geschäftsführer der internationalen Training- und Beratungsfirma „Guerrilla Marketing Group“ in Berlin. Man könne beides nicht genau definieren. „Aber wenn ich es sehe, kann ich es sofort zuordnen“, so Owen. Da helfe nur ein Beispiel: Eine Münchener Autovermietungsfirma warb 2002 mit einem Vorher- und Nachher-Vergleich: Zu sehen war auf den Plakaten Angela Merkel mit einem unvorteilhaftem Haarschnitt. Der Untertitel lautete: „Lust auf eine neue Frisur?“ Dann auf dem zweiten Poster wieder Merkel, aber diesmal mit einer Sturmfrisur und der Zusatz: „Mieten Sie sich ein Cabrio.“

„Es geht auch weniger aggressiv“, meint Owen. In Berlin habe er Litfasssäulen gesehen, die völlig weiß waren und angeklebte schwarze Haare hatten. Das war ein Werbegag eines Herstellers von Haarentfernern. „Guerilla Marketing ist kein neues Instrument, sondern eine besonders kreative Idee“, erklärt Owen. „Eine gute Idee spricht sich herum“. Owen schwört auf Millionenumsätze allein durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Im deutschen Fernsehen seien jährlich über 1,5 Millionen Werbespots zu sehen, da müsse man auffallen. „Da sind alle Mittel erlaubt, um eine bestimmte Zielgruppe zu erreichen.“

Der Begriff Guerilla Marketing wurde Mitte der 80er Jahre in den USA von dem Marketing-Experten Jay Conrad Levinson geprägt. In den 60er Jahren hatte Levinson die bis heute unverwechselbare Kampagne für den Zigarettenhersteller Marlboro entworfen. Mit Pferd und Cowboy als Werbeträger positionierte er die „Frauenzigarette“ – wie sie vor der Kampagne im Volksmund hieß – erfolgreich neu auf dem Markt.

Bei einer außergewöhnlichen Idee komme die Medienresonanz ganz von selbst – und das kostenlos, ohne das Schalten einer Anzeige, so Owen. Es gehe beim Guerilla Marketing um unkonventionelle Aktionen, die mit wenig Geld eine große Wirkung versprechen. „Gehirn statt Budget“, lautet sein Slogan. Und so war der Marketing-Experte auch bei der Zielgruppe seines Vortrages angekommen. Studierende im Land Brandenburg sollen ihre originellen Ideen in den Wettbewerb „Contest Guerrilla-Marketing“ einbringen (www.taktik-gm.com). Vom Mensaessen bis zu Studiengebühren – der Wahl des Themas ist keine Grenze gesetzt.

„Gute Ideen zur Umsetzung muss man nicht dem Zufall überlassen“, sagte Owen und gab den Studenten ein Rezept mit auf den Weg: „Um Aufmerksamkeit zu erzeugen, muss man gewohnte Denkmuster aufsprengen“. Angela Gencarelli

Angela Gencarelli

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