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Landeshauptstadt: Als die Schweizer kamen

Nattwerder gedachte der Vorfahren aus Bern

Nattwerder gedachte der Vorfahren aus Bern Nattwerder - Vor 320 Jahren gingen 14 Schweizer Bauernfamilien an der damals noch neuen Wublitzbrücke am Einhaus an Land. Sie hatten alles mit auf die Reise genommen, was man zum Aufbau einer neuen Existenz benötigt, sogar ihre Mägde und Knechte. So standen am Ufer der Wublitz plötzlich 101 Schweizer und schauten über das Golmer Luch: Das sollten sie in fruchtbares Ackerland verwandeln. Am Sonnabend trafen sich nun ihre Nachfahren zum Gedenken an die Einwanderung – das ganze Dorf war in der Kirche von Nattwerder versammelt. Vor der Kirche weist an der Straße ein Schild darauf hin, dass ihre Vorfahren mit 1401 Kilometern eine respektable Strecke hinter sich gebracht hatten. Gerda Mauerhof gehört der einzigen Familie in Nattwerder an, die noch auf eine direkte Linie bis ins Bern des 17. Jahrhunderts verweisen kann. Sie trug gemeinsam mit anderen Nattwerderanern historische Texte zum Geschehen vor über 300 Jahren vor. Angefangen hatte alles mit einem Schreiben von Friedrich Wilhelm, genannt der Große Kurfürst, an den „Schulheiszen und Rat von Bern vom 24. November 1683. Er fragte an, ob die Berner bereit wären, zehn oder 20 Familien in die Mark Brandenburg ziehen zu lassen, die „der Wirtschaft und Viehzucht wohl erfahren seyn. Sie sollten „wol aufgenommen, an bequeme Oerter gesetzet, mit Wohnungen und behörigem Besatz versehen, und gegen eine leidliche und erträgliche jährliche Pacht wol accomodiret werden. Die Berner sagten zu und schickten ein Jahr später Albrecht Bauernkönig zur Inspektion des Brandenburger Landes. Sein Eindruck war gut, die Konditionen für die Kolonisten exzellent. Der Kurfürst wollte die Reisekosten bezahlen, versprach Vieh nach Bedarf, ein Gehöft und Pachtfreiheit, bis das Land nutzbar sei. Der Grund seiner Großzügigkeit: Nach dem Dreißigjährigen Krieg lag die Mark wirtschaftlich am Boden, man benötigte dringend Fachkräfte. Da die Schweizer Landwirtschaft immer wieder tiefe Krisen durchlief, waren Bauernfamilien zu einer Ansiedlung in Brandenburg bereit. Elf Jahre später wurde auch Neu Töplitz an Schweizer Kolonisten verpachtet. Die Reise der ersten Kolonisten per Schiff dauerte sieben Wochen und führte über den Rhein, die Nordsee, von Hamburg über die Elbe und dann über die Havel bis zur Wublitzeinmündung. Nur eines haben sie nicht erreicht: das Golmer Luch zu entwässern. Das war dem 20. Jahrhundert vorbehalten. W. Gutzeit

W. Gutzeit

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