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Landeshauptstadt: Am Tisch bleibt ein Platz frei

Trauercafé des Ambulanten Hospizdienstes: Rituale zum Lindern von Schmerz

Trauercafé des Ambulanten Hospizdienstes: Rituale zum Lindern von Schmerz Wenn früher ein Mensch starb, trugen seine nächsten Verwandten ein Jahr lang Schwarz. „Als Zeichen“, sagt Heike Borchardt, Koordinatorin des Ehrenamtlichen Ambulanten Hospizdienstes Potsdam. Das Schwarz habe wie ein Schutzschild funktioniert und dem Trauernden Schonung beschert. „Im so genannten Trauerjahr durchlebte man außerdem zwölf Monate lang alle Feiertage ohne den verschiedenen Menschen“, schildert Heike Borchardt. „Eine schmerzhafte und wichtige Zeit.“ Ein Ritual, das Erleichterung verschaffte. Damals sei der Trauer mehr Raum gegeben worden als heute, sagt die diplomierte Sozialpädagogin. Um Verlustschmerz, Traurigkeit, Sehnsucht, Erinnerung und auch Wut über das Weggehen eines anderen zurück ins Leben zu holen, haben die Ehrenamtlichen jetzt ein „Trauercafé“ eingerichtet. Das sei ein offenes Angebot für alle, die über den Tod reden oder auch schweigen wollen. Der Hospizdienst habe schon vor etwa einem Jahr einen Trauergedenkkreis für die Aufarbeitung in der Gruppe gegründet. Und man wolle jetzt einmal im Jahr eine Gedenkfeier für die Angehörigen jener Menschen machen, die die Ehrenamtlichen im Sterben begleiteten. Wichtig sei nur, dass man das Thema Tod nicht tabuisiere. „Der Verlust eines geliebten Menschen muss aufgearbeitet werden“, betont Heike Borchardt. „Wir haben die Fähigkeit zu trauern, ebenso wie wir uns freuen können.“ Verdrängung hingegen führe meist zu seelischen oder auch körperlichen Problemen. Das Trauercafé ist auch ein Raum für Rituale. Es werde eine Kerze für den Verstorbenen angezündete und im Gespräch über die verlorene gemeinsame Zeit gesprochen. So suchte eine Frau, deren 40-jähriger Sohn durch einen Unfall ums Leben kam, Kontaktmöglichkeiten zu ihren Enkeln. Zu Lebzeiten besuchte ihr Sohn sie mit den Kindern immer sonnabends zum gemeinsamen Mittagessen. „Ich riet ihr, das wieder aufleben zu lassen und am Tisch den Platz des Verstorbenen frei zu lassen“, erzählt die Koordinatorin im Hospizdienst. Eine heilsame Art des Gedenkens. So bleibe der Kreis der Familie erhalten, auch wenn einer aus dem Leben gerissen worden sei. Der Ambulante Hospizdienst Potsdam habe zurzeit 26 in der Sterbebegleitung ausgebildete Ehrenamtliche. Jene, die momentan keine Begleitung hätten, würden sich den Dienst im Trauercafé teilen. Mit dabei seien aber auch ein Psychologe, eine Ärztin sowie Klinik-Seelsorger. Außerdem würden sich Interessierte in einem Trauerbegleitungskurs speziell auf diese Aufgabe vorbereiten. Nicola Klusemann Das Trauercafé ist in der Karl-Liebknecht-Straße 28. Öffnungszeiten: 14-tägig, jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat von 17 bis 19 Uhr. Nächster Termin: der morgige 9. Juni

Nicola Klusemann

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