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Landeshauptstadt: „Anleitung zum Betrug“

CDU und SPD kritisieren fragwürdige Tipps der Linken an Hartz-IV-Betroffene

Im Wahlkreisbüro des Potsdamer Landtagsabgeordneten Hans-Jürgen Scharfenberg (Die Linke) haben vermeintliche Arbeitslosengeld-II-Empfänger Vorschläge zum Betrug erhalten. Ein Fernsehteam des ZDF hatte am Donnerstagabend in der Sendung „ZDF.reporter“ veröffentlicht, dass Scharfenbergs Wahlkreisbüromitarbeiterin Jana Schulze in einem Gespräch vor versteckter Kamera Tipps gegeben hat, deren Folgen laut Oberbürgermeister Jann Jakobs strafrechtlicher Natur sein könnten. Der Landtagsabgeordnete Sven Petke (CDU) erklärte gar, „das ist eine Anleitung zum Betrug“.

Jana Schulze, die in Potsdam Stadtverordnete der Linken und stellvertretende Vorsitzende des Sozialausschusses ist, hatte in dem Gespräch mit den vermeintlich Hilfebedürftigen Tipps für den Autoverkauf und eine gemeinsame Wohnung gegeben, mit denen der Mann weiter Sozialleistungen erhalten konnte, obwohl ihm dies laut Gesetz nicht mehr zugestanden hätte. Dieses sieht vor, dass auch der Partner in einer unehelichen Lebensgemeinschaft den Anspruch auf Sozialleistungen verliert, wenn das Haushaltseinkommen einen Mindestbetrag übersteigt. Im fingierten Fall der Reporter war der Mann Hartz-IV-Empfänger, die Frau hatte ein Einkommen über der Mindestgrenze. Schulze beriet in diesem Fall dahingehend, dass die Frau einen Untermietvertrag mit 150 Euro bei ihrem Partner erhalten sollte und die Wohnung als Wohngemeinschaft gestaltet sein müsste.

Zudem wollten die Reporter ein Auto im Wert von mehr als 10 000 Euro verkaufen. Schulze riet, mit einem Freund einen fingierten Vertrag über 500 Euro abschließen. Der tatsächliche Verkauf solle dann in bar abgewickelt werden. Normalerweise müssten diese Einkünfte dem Amt gemeldet werden. Gestern sagte Schulze gegenüber den PNN, sie habe über den Umstand der Angabepflicht des Verkaufswertes informiert, doch sei dies nicht gesendet worden. Das Gespräch habe 20 Minuten gedauert, davon sei eine Minute herausgenommen worden. Sie bedauere die Informationen, als Konsequenz zieht sie nun, dass es solche Gespräche bei ihr nicht mehr geben wird. Auch Hans-Jürgen Scharfenberg erklärte gestern, er sei „überhaupt nicht damit einverstanden, dass in meinem Wahlkreisbüro Auskünfte gegeben worden sind, die am geltenden Recht vorbeigehen.“ Sein Büro biete keine spezielle Hartz-IV-Beratung an. Ratsuchende sollten besser an die zuständigen Stellen verwiesen werden. Er habe in diesem Sinne mit seiner Mitarbeiterin gesprochen. „So etwas wird sich nicht wiederholen.“ Noch vor laufenden Kameras des ZDF hatte er die Reporter für ihre Vorgehensweise angegriffen. Diese hatten sich mit versteckter Kamera und unter falschen Identitäten bei Schulze gemeldet. Der Landesvorsitzende der Linken, Thomas Nord, betonte gestern in einer Mitteilung: Angesichts der aufgeregten Debatte sollte jedoch nicht in Vergessenheit geraten, „dass der größte Sozialbetrug der letzten Jahre von der Regierungsseite unter dem Titel Agenda 2010 und Hartz IV vorgenommen wurde.“

Die politische Konkurrenz frohlockt dagegen nach dem Vorfall. „Man kann derzeit niemandem empfehlen, ohne Rechtsanwalt zur Bürgerberatung von Hans-Jürgen Scharfenberg zu gehen“, sagte Mike Schubert, Fraktionschef der SPD. Oberbürgermeister Jakobs erklärte, dass Schulze als Stadtverordnete „mehr Verantwortung für hilfesuchende Bürger und die Einhaltung der Gesetze haben müsste“. Der stellvertretende Landesvorsitzende der CDU, Sven Petke, sagte: „Es zeugt von einer nicht vorhandenen Akzeptanz der Gesetzesordnung, wenn mit Vorsatz Auskunft gegeben wird Gesetze nicht nur zu unterlaufen, sondern sie zu brechen.“ Er hätte sich eine klarere Stellung Scharfenbergs gewünscht. Der konterte mit der Aussage, „Petke sollte seine überschüssige Energie lieber dafür einsetzen, die Situation von Hartz-IV-Empfängern zu verbessern“. jab/SCH (mit dpa)

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