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Von Heike Kampe: Auf den Spuren des Kleinen Wassermannes

Seit sieben Jahren bietet der Botanische Garten das umweltpädagogische Programm „Grünes Klassenzimmer“ an

WWW steht heute auf dem Stundenplan. Die Abkürzung steht nicht etwa für das Internet, sondern für „Wasser-Wunder-Welten“. Es ist eines von 18 Themen, die der Botanische Garten in seinem „Grünen Klassenzimmer“ für Schul- und Vorschulkinder anbietet.

Yvonne Schmiele und Ralf Deichsel begrüßen die 25 Drittklässler der Karl-Foerster-Schule, die sich im Seminarraum versammelt haben. Neugierig betrachten die Kinder die Gläser auf dem Pult, in denen winzige Tierchen umher schwimmen. Doch um sie soll es erst später gehen. „Warum benötigen wir Wasser?“, ist die Frage, die die Kinder zunächst beantworten sollen. Zähneputzen, Waschen, Trinken – schnell haben sie aufgezählt, wozu Wasser gebraucht wird. Außerdem erfahren sie, dass beim Duschen nur etwa 20 Liter Wasser verbraucht werden, während beim Baden das Zehnfache durch den Abfluss rinnt.

Für eine Hälfte der Klasse heißt es nun: Sachen an und hinaus ins Freie. Der Teich auf dem Freigelände des Botanischen Gartens ist das Tor zur Wunder-Wasser-Welt, in die Ralf Deichsel mit den Kindern eintaucht.

Am Teich werden Protokolle verteilt „Die muss ein Forscher immer am Mann haben“, erklärt Deichsel. Außen- und Wassertemperatur, Sichttiefe und Wasserfärbung sollen aufgeschrieben werden. Aus einer blauen Kiste holt Deichsel ein Thermometer. Luft- und Wassertemperatur sind schnell gemessen: Es sind jeweils 13°C. Ein weiterer Griff in die Kiste befördert eine weiße Keramikscheibe zum Vorschein. Sie ist mit Löchern durchsetzt und an einer Schnur befestigt. „Das ist eine sogenannte Secchi-Scheibe, mit der Wissenschaftler die Sichttiefe messen“, erläutert der zukünftige Biologielehrer. Die Scheibe wird vorsichtig ins Wasser hinabgelassen. „So tief, bis man sie nicht mehr sieht.“ Doch bevor es soweit ist, liegt die Scheibe auf dem Grund. Im Protokoll wird festgehalten: Sichttiefe größer als 50 Zentimeter. Jetzt werden Kescher verteilt. In der nun mit Teichwasser befüllten blauen Kiste landet alles Lebendige, was die Kinder mit ihren Keschern fangen. Bald wimmelt es von Wasserkäfern, Libellen- und Zuckmückenlarven, Egeln und Wasserläufern.

Unterdessen haben sich Yvonne Schmiele, die das Grüne Klassenzimmer seit vier Jahren betreut, und die übrigen Kinder mit den Tierchen aus dem Wasserglas beschäftigt. Es sind Wasserflöhe, die die Kinder nun in Zweiergruppen unter dem Mikroskop betrachten. Zehn der Tiere werden von jeder Gruppe mit einer Pipette in ein bis zur Hälfte verdunkeltes schmales Fläschchen befördert. Mit diesem kleinen Experiment untersuchen die Kinder, ob es die Wasserflöhe eher dunkel oder hell mögen. Nach fünf Minuten ist klar: Die meisten Tiere bevorzugen die Dunkelheit. Mit seiner Vermutung „Im Dunkeln sieht der Verfolger sie nicht“, liegt der neunjährige Luca genau richtig. Yvonne Schmiele erklärt den Kindern, dass sich Wasserflöhe tagsüber in den dunklen, tiefen Wasserschichten aufhalten. Denn dort werden sie nicht von den Fischen gefressen.

Vor sieben Jahren startete das Grüne Klassenzimmer mit einer überschaubaren Zahl an Terminen und Programmen. Die Nachfrage stieg schnell und mit ihr auch die Themenpalette. Im vergangenen Jahr besuchten über 2200 Kinder das Grüne Klassenzimmer, die meisten von ihnen die Programme „Kakao und Schokolade“ und „Regenwald“. Lernen durch den direkten Kontakt zu Pflanzen und Tieren – dieses Credo hat sich das Projekt, das seine Finanzierung über die Universität, den Freundeskreis des Botanischen Gartens, Teilnehmerbeiträge und aus Drittmitteln betreibt, auf die Fahnen geschrieben. Und hat damit offenbar Erfolg. „Wir sind inzwischen fast da, wo wir von Anfang an hinwollten. Es fehlen nur noch eine unbefristete Mitarbeiterstelle und ein täglich nutzbarer Raum“, sagt Michael Burkart, der als wissenschaftlicher Leiter des Botanischen Gartens maßgeblich an der Entstehung des Grünen Klassenzimmers beteiligt war.

Zum Abschluss begutachten die Kinder ihre Fänge aus dem Teich. Unter dem Mikroskop offenbart so mancher Wasserbewohner erstaunlich filigrane Strukturen. Nach der Verabschiedung kehren auch die Tiere zurück nach Hause: in ihre Wasser-Wunder-Welt.

Anmeldungen unter Tel.: (0331) 977 1955 oder GruenesZimmer@uni-potsdam.de. Kosten pro Kind: 1,50 Euro.

www.botanischer-garten-

potsdam.de/klassenzimmer

Heike Kampe

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