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Landeshauptstadt: Auf die Idee kommt es an

Der Architekt Christian Wendland darüber, wie viel Stadtschloss im neuen Landtag stecken sollte

Warum kämpfen Sie in der Frage des Wiederaufbaus des Stadtschlosses als Landtag so sehr um eine starke Annäherung an das Knobelsdorffsche Original?

Aufgrund der Qualität dieser Baukörpergestaltung – von der Fassadengliederung bis zur Dekoration und der Einordnung dieses wohlproportionierten Bauwerks in die Gesamtkomposition der Stadtmitte. Es fügte sich wunderbar ein in die gegenüberliegenden Straßenräume.

Worin liegt genau die architektonische Qualität des alten Stadtschlosses?

Das ist die Differenziertheit im Baukörper, die die Waechter-Studie des Landes exemplarisch negiert und eher zu einem „Friedrichstadt-Karree“ tendiert und nicht zu einer für die Potsdamer Mitte verträglichen Bauform.

Sie denken da an In-etwa-Kopien wie die Heiliggeistkirche?

Die Heiliggeistkirche ist für mich ein abschreckendes Beispiel. Dabei ist der Wiederaufbau in der historischen Proportion städtebaulich völlig in Ordnung. Nur die Architektur ist inakzeptabel.

Hier steckt der Teufel also im Detail?

Wir haben es mit zwei Dingen zu tun, mit Stadtbaukunst und mit der Architektur des Einzelbauwerks. Das großartige der Potsdamer Stadtkomposition ist, dass kein Potsdamer Architekt gebaut hat ohne auf den anderen Rücksicht zu nehmen. Wir aber bauen heute, als gebe es das Nachbargebäude nicht. Das ist mein Vorwurf an den größten Teil meiner lebenden Architektenkollegen. Sie wünschen sich einen Bauplatz, wo alles abgerissen ist, wo sie sich austoben können. Ich halte das für gebaute Asozialität.

Sie werfen den modernen Architekten Egomanie vor?

Ja. Dennoch bin ich auch Fan moderner Architektur. Entscheidend ist die Qualität der Architektur und ihre soziale Einbindung. Wir sind als Architekten dafür da, den Bauwunsch eines Bauherren bestmöglich schön und funktionierend zu realisieren. Und das in größter Verantwortung für die Umwelt, die Ressourcen, die Benutzbarkeit, für eine günstige Amortisation des Hauses, die kaufmännischen Dinge beachtend. Deshalb sage ich, der Knobelsdorff-Bau ist nachhaltig wirtschaftlich. Wer teuer baut, baut billig.

Das müssen Sie erklären.

Ich plädiere dafür, in das neue Landtagsgebäude einen hohen Aufwand an Liebe zu investieren, für die Gestaltung, für die Funktionalität, für die räumlichen Proportionen, für all das, was das Wohlbefinden eines Nutzers erfordert. Wenn mir einer sagt, ich will einen Funktionsbau errichten wie Finanzminister Rainer Speer, dann wird es ein Speer-Bau, ein Bau aus der Ideologie des billigsten Pragmatismus, des Barackenbaus. Gebaut für die Befriedigung eines momentanen Bedarfes. Ein Landtag am Alten Markt aber muss eine Qualität haben, die auch zweihundert Jahre verträgt. Das kann kein Bürobau werden, der nach 30 Jahren abgerissen und neugebaut wird.

Aber ein originalgetreu nachgebautes Knobelsdorff-Schloss bliebe eine Kopie, das Original ist weg, bleibt weg.

Es kommt auf die Idee des Knobelsdorffschen Bauwerks an und ihre Qualität: Viele Denkmalschützer halten Nachbauten nach historischem Vorbild für Surrogate oder für Disneyland. Ich kann diese Position nicht teilen. Der städtebaulichen Figur Potsdamer Mitte ist aus politischen Motiven der Kopf abgeschlagen worden. Dieser Kopf muss im Stil der Figur wieder ergänzt werden.

Wird der Landtag nun mit den Stimmen der Linkspartei.PDS gebaut, ist am Ende wohl weit weniger Knobelsdorff mit dabei, als Sie sich das wünschen.

Nicht, wenn nach dem Wortlaut des Landtagsbeschlusses vom Mai 2005 gebaut wird. Da steht eindeutig drin, dass die Fassaden in den historischen Formen und Umrissen wieder hergestellt werden müssen. Finanzminister Speer verletzt den Landtagsbeschluss, in dem er der Bevölkerung nun etwas anbietet, was in der Waechter-Studie aussieht wie ein postfaschistoider Bau.

Was empfehlen Sie den Stadtverordneten?

Ich kann sie nur bitten, Knobelsdorff zu folgen. Und vom Land das zu fordern, was der Landtag beschlossen hat.

Das Interview führte Guido Berg

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